Feinstaubbelastung:Winterwetter ist Stinkewetter

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In München herrscht akuter Feinstaubalarm - auch die Umweltzone kann nichts ausrichten.

Dominik Hutter

Die braune Suppe hat München fest im Griff: Sie umgibt Frauentürme, Alten Peter und die Theatinerkuppel - lediglich der 290 Meter hohe Olympiaturm und einige Hochhäuser ragen noch aus dem schmutzigen Dunst. Inversionswetterlage nennt der Meteorologe diese ungesunde Situation - ungesund deshalb, weil die Schadstoffkonzentration in der gesamten Stadt schon seit Tagen weit über den zulässigen Limits liegt. An der Landshuter Allee wird derzeit eine Belastung von bis zu 170 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen. Der Grenzwert liegt bei 50 Mikrogramm. Kein Wunder also, dass Münchens bekanntester Messcontainer am 13.Tag des Jahres schon zehn Überschreitungen des EU-Limits vermelden muss. "Sehr schlecht" lautet das aktuelle Urteil des Landesamts für Umwelt über die Münchner Luftqualität - die bedenklichste von insgesamt sechs Stufen auf der offiziellen Güteklassenskala.

Bedenkliche Werte: Die Feinstaubbelastung an der Landshuter Allee erreicht derzeit Rekordhöhen - bis zu 170 Mikrogramm je Kubikmeter Luft. (Foto: Foto: AP)

Rekordverschmutzung auch jenseits der Landshuter Allee

Und so lange die immer gleiche eiskalte Luft um die Häuser wabert, das Inversionswetter also anhält, blasen die Münchner Auspuffe und Schornsteine jeden Tag zusätzliche Schadstoffe in die ohnehin schon partikelpralle Atmosphäre. Beispiel Landshuter Allee: Seit dem 7. Januar stieg die mittlere Feinstaubkonzentration beinahe kontinuierlich von etwa 70 auf die aktuellen 170 Mikrogramm. Lediglich am 8. Januar gab es - mit immer noch mehr als den erlaubten 50 Mikrogramm - einen "Ausrutscher" nach unten. Und betroffen ist beileibe nicht nur die Landshuter Allee. Selbst die Messstelle Johanneskirchen, für Münchner Verhältnisse normalerweise eine Frischluftoase, reißt schon seit vergangenen Freitag jeden Tag aufs Neue die EU-Latte. Auch dort liegt die Belastung inzwischen bei 140 Mikrogramm.

Feinstaub schädigt langfristig Kreislauf und Lunge

Den Großteil der Belastung machen übrigens die besonders kleinen und besonders gesundheitsgefährdenden Feinstaubteilchen PM2,5 aus, die bislang nur an der Lothstraße gemessen werden. Sie machen 119 Mikrogramm der Gesamtbelastung von 124 aus (Zahlen vom Montag) und stammen, anders als die größeren PM10, nahezu ausschließlich aus Verbrennungsprozessen. Aus Automotoren und Heizungen also. Eine akute Gesundheitsgefahr, so betont das Landesamt, bestehe allerdings nicht - niemand muss einen Mundschutz tragen oder aufs Joggen verzichten. Feinstaub schädigt eher auf längere Sicht Atmung und Kreislauf. Dennoch steht auch für das städtische Umweltreferat außer Frage, dass die Belastung derzeit bedenklich hoch ist. Wenn auch nicht gar so spektakulär wie etwa an Silvester. Unmittelbar im Anschluss an die Mitternachtsknallerei erreicht die Feinstaubbelastung astronomische Werte von 5000 Mikrogramm.

Die Inversionswetterlage könnte sich nach Auskunft von Meteorologen in den nächsten Tagen zwar leicht abschwächen. Sie bleibt aber wohl - einschließlich der hohen Schadstoffbelastung - bis Sonntagabend bestehen. Die Situation ist durchaus wintertypisch: Die schwache Sonne erwärmt lediglich die oberen Luftschichten, die dann wie ein Deckel die schwere Kaltluft am Boden halten. Deshalb bibbern derzeit die Münchner in eisiger Kälte, während aus den Bergen Plusgrade vermeldet werden.

Gegen die Macht der Inversion kann auch die Umweltzone nichts ausrichten, die ja eigentlich der Feinstaubbekämpfung dient. Seit 1. Januar, dem Ende der Schonzeit, haben die Ordnungshüter knapp 1600 Plakettenlose verwarnt.

© SZ vom 14.01.2009, sh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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