Feierverbot am Karfreitag:Party statt Trauer

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"Ich halte die Kirche für eine Verbrecherorganisation": Der Bund für Geistesfreiheit will am Karfreitag provozieren - und im Maxim Kino eine "religionsfreie Zone" errichten.

Steve Przybilla

Eigentlich sollte es ein Heidenspaß werden. Doch für die Kirchenkritiker des Bundes für Geistesfreiheit wird der Karfreitag auch dieses Jahr wieder zur Höllenqual: Vor drei Jahren scheiterten sie mit dem Versuch, am Karfreitag eine Party steigen zu lassen - seither klagen sich die Mitglieder durch alle Instanzen. Dieses Jahr beschränkt man sich darauf, ein Alternativprogramm zum christlichen Osterfest anzubieten.

Im Maxim-Programmkino, Landshuter Allee 33, soll eine "religionsfreie Zone" entstehen. Gezeigt wird am Nachmittag der Satirefilm "Religulous" und am Abend "Kinsey - Die Wahrheit über Sex". Zwischendurch gibt es ein Schokobüffet, zu dem alle Nicht-Christen eingeladen sind. "Was bleibt uns anderes übrig, als zu provozieren?", fragt Vorstandsmitglied Dietmar Holzapfel.

"Mit dem Feierverbot zwingt man den Leuten doch etwas auf. Man muss sich der Staatstrauer beugen, egal, ob man gläubig ist oder nicht." Holzapfel, Inhaber von Deutschlands bekanntestem Schwulen-Hotel, der Deutschen Eiche, erregte Anfang des Monats bundesweit Aufsehen.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof errang er einen Sieg gegenüber der Polizei. Die hatte ihn 2006 bei einem Umzug anlässlich des Christopher-Street-Days angezeigt und angeordnet einen Umzugswagen abzubauen, weil dieser den Papst mit einem Kondom in der Hand zeigte.

"Ich habe die Bibel gelesen und fand sie schrecklich", begründet die Vorsitzende Assunta Tammelleo, warum sie mit 17 Jahren aus der katholischen Kirche austrat.

"Wir wollen die Trennung von Staat und Kirche erreichen." Kruzifixe in Schulen, die Angabe der Religionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte und Vorurteile gegen Politiker, die sich für gleichgeschlechtliche Partnerschaften einsetzen zeigten, dass diese Trennung bisher nicht erreicht sei - übrigens in der ganzen Bundesrepublik, wenngleich der Bund nur in Bayern existiert.

Mit der Osteraktion wollen sich die Mitglieder für den im Mai stattfindenden 2. Ökumenischen Kirchentag warmlaufen. Was genau stattfinden wird, ist noch nicht klar. Aber: "Wir planen auf jeden Fall eine frohe Prozession", sagt Assunta Tammelleo. Ideen gebe es viele, wären da nicht die Auflagen der Stadt.

Keine vermummten Teufel

"Wenn wir uns als Teufel verkleiden, fällt das unter das Vermummungsverbot", sagt die Vorsitzende. Deshalb werde man der Polizei im Vorfeld die eigenen Personalien mitteilen. Für eine gute Öffentlichkeitsarbeit rüsten die Nicht-Gläubigen bereits jetzt visuell auf.

Vorstandsmitglied Michael Wladarsch, Inhaber eines Münchner Designbüros, hat Plakate entworfen, die auf das Alternativprogramm hinweisen sollen. Sie karikieren die offizielle Kampagne des 2. Ökumenischen Kirchentages, bei der Schlafplätze für die Teilnehmer gesucht werden. Statt eines müden Mannes zeigen sie nun eine frivol dreinschauende Frau oder einen ans Kreuz genagelten Jesus. Bildunterschrift: "Gott sei Dank, ein Brett."

Wie viele Menschen man für den atheistischen Umzug gewinnen kann, wissen auch die Veranstalter nicht. "Zwischen zehn und 5000 werden mitgehen", scherzt Assunta Tammelleo, die hauptberuflich ein Unternehmen in Geretsried leitet. Außerdem wolle man kritische Vorträge anbieten - welche Referenten teilnehmen, steht noch nicht fest. "Unser fröhliches Programm soll auf jeden Fall eine wahre, säkulare Alternative zu dem bieten, was die Stadt macht."

Auftrieb bekommen haben die Atheisten durch die kürzlich bekannt gewordenen Misshandlungsfälle in kirchlichen Internaten. "Wir sind da natürlich nicht schadenfroh", betont Assunta Tammelleo, "aber die Wirkung in der Öffentlichkeit zeigt sich schon deutlich. Sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche werden dadurch viel kritischer wahrgenommen."

Dass der Bund für Geistesfreiheit trotz relativ geringer Mitgliederzahlen - nach eigenen Angaben weniger als 500 - für Aufsehen sorgt, beweist Vorstandsmitglied Wolfram Kastner bei nahezu jeder seiner Aktionen. Mal möchte der Künstler den Friedensengel mit einem Tarnnetz verhüllen, um gegen die Militarisierung zu protestieren; mal zündelt er auf öffentlichen Grünflächen, um an die Bücherverbrennung zu erinnern.

Über München hinaus bekannt wurde Kastner im Jahr 2006, als er sich als Papst verkleidete und durch die Innenstadt spazierte. Das Brisante: Kastner begleitete den Lektor Georg Ledig, der seinerseits eine Hitler-Verkleidung trug - was einen Besuch im Kommissariat mit erkennungsdienstlicher Behandlung zur Folge hatte.

Auch innerhalb des Bundes, der bereits seit 1870 existiert und sich selbst in der Tradition der Aufklärung sieht, ist das provokante Auftreten nach außen nicht ganz unumstritten. "Wir im Vorstand sind uns aber einig, dass wir unsere Meinung laut kundtun sollten", sagt Grafikdesigner Michael Wladarsch. Und um das Ganze noch ein wenig zuzuspitzen: "Ich halte die Kirche für eine Verbrecherorganisation."

© SZ vom 01.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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