Fehlende Dialekt-Pflege:Mundart-Beraubung

"Professoren: Dialekt selbstbewusst nutzen" vom 21. Februar:

Es wäre schön, wenn ein solcher Aufruf etwas nützen würde, aber ein Land, das heutzutage seine Dialekte wirklich erhalten wollte, müsste sie so fördern, wie die Schweiz es tut. Dazu ist aber bei uns der Wille ganz offensichtlich nicht vorhanden. Oder zumindest müsste der Bereich, in dem die Dialekte gesprochen werden, nach außen durch eine Grenze geschützt sein, so wie in Österreich, wo die regionalen Mundarten viel langsamer sterben als in Bayern.

Wie es bei uns in dreißig Jahren sein wird, kann man gut am Beispiel der Bretagne in Frankreich beobachten. Dort hat man den Kindern, ähnlich wie bei uns, schon in den Kindergärten und Schulen die regionale Sprache (Bretonisch) ausgetrieben. Es gab da sogar Schilder mit folgendem Inhalt: "Es ist verboten, auf den Boden zu spucken oder Bretonisch zu sprechen!" Als dann nur noch Personen im Rentenalter Bretonisch konnten, da besann man sich plötzlich auf das Regionale, druckte zweisprachige Ortsschilder, führte bretonische Liederabende ein und verordnete den Schulen eine Wochenstunde Bretonisch-Unterricht pro Woche. Natürlich hat dadurch kein einziges Kind angefangen, wieder bretonisch zu sprechen, aber die Bretonisch-Folklore blüht, auch wenn niemand mehr weiß, wie man die Wörter ausspricht. Genau so wird es den bayerischen Dialekten ergehen. Prof. Dr. Norbert Oettinger, Buckenhof

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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