Essen auf der Wiesn:Die Alternativen

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Das Wiesnhendl schmeckt besonders gut und macht so richtig Durst. Doch wer genug davon hat, dem stehen in diesem Jahr alle Möglichkeiten offen: Das Speisenangebot auf der Wiesn ist so vielfältig wie nie zuvor

Von Thierry Backes, Franz Kotteder und Andreas Schubert

Hört man sich so um, dann freuen sich die meisten Münchner vor dem Oktoberfest auf das erste Wiesnhendl. Weil das ja besonders gut schmeckt und so richtig Durst macht. Nicht umsonst werden jedes Jahr eine halbe Million davon auf der Wiesn verdrückt. Die Begeisterung lässt beim zweiten Hendl allerdings wieder etwas nach. Das dritte ist dann schon noch in Ordnung, aber man beginnt sich langsam zu fragen, ob man zum Bier nicht auch einmal etwas anderes essen könnte, es muss ja nicht gleich die Ochsenlende für 29,80 Euro sein. Tatsächlich gibt es in diesem Jahr so viele Alternativen zum Wiesnhendl wie nie zuvor. Ein paar davon hat unsere Redaktion getestet.

Der Wienerschnitzelknödel

Ein echtes Unikum ist auch heuer der Spezialknödel in der Münchner Knödelei, dem kleinen Zelt unweit des Riesenrads. Jedes Jahr wieder lassen sich Wirt Florian Oberndorfer und sein Team eine neue Abart der bayerischen Standardbeilage einfallen. Es gab schon einen Weißwurst- und einen Bratwurstknödel, im vergangenen Jahr war der Wasabiknödel ("Rund wie ein Sumo-Ringer und scharf wie ein Samuraischwert") dran. Vor diesem Oktoberfest hat man sich in der Nachbarschaft umgeschaut, in Österreich nämlich. Der "Knödel vom Wiener Schnitzel" kostet 14,80 Euro. Dafür bekommt man nicht nur einen, sondern zwei sehr gehaltvolle, runde Dinger, umhüllt von einer ordentlichen Panade und gekrönt von einem Topping, wie der Gastro-Bayer wohl sagt, aus Preiselbeerschmand. Der Knödel selbst besteht aus einer Art Semmel-Ei-Hackfleischmasse und überzeugt durch einen dezenten Schnitzelgeschmack. Der Kartoffel-Gurkensalat, auf dem die beiden serviert werden, gehört übrigens zu den besten seiner Art auf der Wiesn.

Schmeckt am besten pur: die Zickleinwurst. (Foto: Robert Haas)

Die Zickleinwürstl

Eine besondere Delikatesse findet man auf der Oidn Wiesn beim Biergarten des Herzkasperlzelts. Rechts vorne steht da der Stand mit dem schönen Titel "Iss doch Wurscht". Der führt als besondere Spezialität Zickleinwürstl aus der Oberpfalz. Dort, in einem Dorf in der Nähe von Amberg, lebt der junge Biobauer, Instrumentenmacher und Musiker Sebastian Meier, der auch bei G. Rag und den Landlergschwister Tuba spielt. An die 200 Ziegen hält er auf seinem Hof nach ökologischen Kriterien, er produziert Ziegenmilch und Zickleinfleisch. Da kann man nur sagen: schön, dass die Musikanten ihr Musikantenzelt auch noch kulinarisch bereichern. Denn die Zickleinwürstl, zwei Stück gibt's in der Semmel für 5,50 Euro, sind ein richtiger Genuss: exakt richtig gewürzt mit wenig Fettgehalt, von dezenter Schärfe und strammer Konsistenz. Man bekommt sie am Stand wahlweise mit Senf oder Ketchup, aber eigentlich ist das gar nicht nötig: Am besten kommt der Geschmack pur zur Geltung.

Der Weißwurstleberkäs

Traditionalisten werden beim Weißwurstleberkäs am Stand "Gaumenschmaus" der Familie Bretz vielleicht das Gesicht verziehen. Weil es ja eh klar ist: Eine Weißwurst ist eine Weißwurst und ein Leberkäs ein Leberkäs. Und wenn er schon weiß sein muss, dann ist es halt ein Kalbskäs. Da gibt's nix dran zu rütteln. Und dann muss man natürlich als ein Bewahrer der reinen und wahren Esskultur noch darauf verweisen, dass man eine Weißwurst natürlich zuzelt. Aber jetzt mal ehrlich: Was für ein Schmarrn! Zuzeln ist tatsächlich ein bisserl eklig, da gibt's bessere Methoden. Und wer mal im Biergarten einem Touristen beim Versuch eine Weißwurst zu verspeisen zugeschaut hat, wird die Erfindung des Weißwurstleberkäs' ausdrücklich begrüßen. Der besteht aus modifiziertem Weißwurstbrät, wird wie ein Leberkäs als Scheibchen in einer Semmel serviert, was sich bequem verspeisen lässt. Die Leberkässemmel (3,50 Euro) servieren sie mit süßem Händlmaier-Senf. Letzterer stammt aus Regensburg, wo sie am Christkindlmarkt schon seit Jahrzehnten außer der Knacker auch gebratene Weißwurst in der Semmel verkaufen (gerne mit Gurkerl, süßem Senf und Meerrettich). Das schmeckt ziemlich lecker und die Semmel am Gaumenschmaus-Stand kommt dem durchaus nahe. Auch der neue weiße Leberkäs ließe sich sehr gut "mit Allem" verfeinern.

Der Bayern-Wrap

Von einem Grillhaus auf der Wiesn erwartet niemand, wirklich niemand, ein herausragendes fleischloses Angebot: Was bei Burtschers zählt, das sind die Steaksemmel und die "Oxnbratwurst". Doch es lohnt sich, einmal um den Stand vor der Bräurosl herumzugehen, in die "vegetarische Ecke". Dort liegt der mit frischem Obazdn gefüllte "Bayern-Wrap" (4,50 Euro), eine feine Sache: Den Käse hat jemand mit Liebe aufgestrichen, mit Salat, Tomaten und roten Zwiebeln gefüllt ist das ein ziemlich perfekter Snack für zwischendurch. Zumal der Bayern-Wrap mit einem praktischen Abrisspapier ausgehändigt wird - Sauerei ausgeschlossen.

Die Goma-Wakame-Semmel

Wer zur Abwechslung Fisch mag, findet auf der Wiesn ein üppiges Angebot. Zahlreiche Fischbratereien bieten ein Angebot von der klassischen Bismarckhering-Semmel über Matjes in diversen Variationen. Und bei der Fischer-Vroni lässt sich mancher Angler gegen ein Trinkgeld sogar seinen eigenen Fisch am Steckerl grillen. Die klassische Fischsemmel und der Steckerlfisch gehören zu den Klassikern der Volksfest-Küche. Beim Fisch-Bäda am Familienplatzl haben sie für fünf Euro allerdings eine gewöhnungsbedürftige Kombination im Angebot. Flusskrebse in der Semmel mit - jetzt kommt's - Goma Wakame. Der Seealgen-Salat kommt aus Japan und wird bei uns zunehmend beliebt. Aus dem Sushi-Restaurant kennt man Goma Wakame schon lange. In der Semmel muss er sich erst noch durchsetzen. Aber mit Sesam und den Krebsen ist die Semmel köstlich. Und allemal gesünder als mit fetter Wurst.

Die Ochsensemmel

Die Schlange ist fies, zumindest für alle, die auf einen Platz im Zelt hoffen. Sie führt zwar direkt in die Ochsenbraterei, aber eben nur bis zur Ochsensemmelausgabe. Nicht jeder mag die mitunter etwas schlampige Zubereitung der Küchenhelfer, die mehr Fleisch und Soße in die Papiertüte stopfen als in die Semmel, das lätscherte Brot oder das gulaschartige Fleisch, das gerne zwischen den Zähnen hängen bleibt. Aber so ist das mit einem Klassiker: Die echte Ochsensemmel (sieben Euro) ist heilig. Sie ist der Inbegriff der Wiesn, die Mahlzeit, die es nur einmal im Jahr gibt. Hätte Gerhard Polt mit seinem schönen Satz aus dem Sketch "Oktoberfest" nicht die erste Wiesn-Mass gemeint, er würde auch hervorragend zur ersten Ochsensemmel passen: "Jetzt is wieder soweit, dass soweit is."

© SZ vom 29.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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