Erzbistum München-Freising und seine 6,3 Milliarden Euro:Kirche der Armen - mit Speckgürtel

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Aktuelles Brevier... SZ-Zeichnung: Dieter Hanitzsch (Foto: Dieter Hanitzsch)

Manche Leser verteidigen die Kirche wegen ihrer sozialen Leistungen - andere kritisieren, dass eine so reiche Kirche noch Geld vom Staat bekommt

"Selig die Reichen" vom 22. Juni, "Erzbistum München besitzt 6,3 Milliarden", "Reich gesegnet" sowie Kommentar "Geld ist dafür da, Gutes zu tun" vom 21. Juni:

Geld gut aufgehoben

Jetzt wird wieder auf die ach so reiche Kirche gedeutet, aber bei der Kirche ist das Vermögen noch vergleichsweise gut aufgehoben. Besser jedenfalls, als bei irgendeinem Konzern in der Konsumgüter-Kapitalverwertung. In früheren Zeiten, etwa im Mittelalter, hatte die Kirche tatsächlich zu viel Vermögen und Macht, heute ist eher das Gegenteil der Fall. Die karitative Arbeit, welche die Kirche leistet, ist gesellschaftlich weit wertvoller als die Arbeit, die so mancher viel reichere Konzern leistet. Friedhelm Buchenhorst, Grafing

Leistungsstark, aber scheu

Es gibt merkwürdige und geheimnisvolle Dinge zwischen Himmel und Erde, gewiss. Bei der Katholischen Kirche häufen sie sich allerdings - in einer ganz ungewöhnlichen Vielzahl. Auf die Frage (im Zusammenhang mit dem lustigen Bischof von Limburg) nach der Größe des Vermögens des Erzbistums München und Freising wusste die Kirche selbst keine Antwort. Stets habe man nur die Einnahmen und Ausgaben gewusst. Den Besitz habe man nicht erfasst. Man sei selbst überrascht gewesen am Ende darüber, wie viel die Kirche eigentlich hat.

Auf die Frage, ob die katholische Kirche nun reich sei, scheute der zuständige Verwaltungsleiter, ein Generalvikar, dieses Wort, ist in dem Artikel zu lesen. Man sei lediglich "leistungsstark". Ein Teil - allerdings nur 1,93 Milliarden von insgesamt 6,2 Milliarden Euro - werde in Stiftungen verwaltet. Die Kirche wolle damit "das Geld vor sich selbst schützen".

Eine Kirche, die ihr Geld "vor sich selbst schützen" will, die vorgeblich ihren immensen Reichtum gar nicht kennt und deren Verwaltungsgeistlicher sich "scheut", sich reich zu bekennen - wer kann das glauben? Da ist es wieder, das mit dem Glauben, wenn auch in einem etwas weltlicheren Sinn. Mit Klarheit und Offenheit kommt und kam man in der katholischen Kirche nie weit. Aber mit dem Glauben. Darf man da zum Schluss sagen: Gelobt sei . . . ? Ich lasse es lieber. Gerhard Faßrainer, München

Was die Kirche leistet

Den Autoren ist mannigfach zuzustimmen, so dass es wieder Debatten über den Reichtum der Kirche geben wird. Wie aber richtig festgestellt wird, stehen auch zahlreiche Verpflichtungen gegenüber; in vielen Fällen müsste das sonst vom Staat alleine geschultert werden (Kindertagesstätten, Schulen und anderes). Außerdem hat die Kirche viele Kunstschätze, die sonst nicht erhalten worden wären.

Bevor man eine überflüssige Diskussion hinsichtlich des Reichtums der Kirche beginnt, sollte man dann vergleichend den Reichtum des Staates gegenüberstellen. Mir ist nicht bekannt, dass der Bund, ein Land oder eine Gebietskörperschaft in analoger Weise das Vermögen offengelegt hat. Immerhin handelt es sich da um das Vermögen von uns Staatsbürgern! Beim Kirchenvermögen allenfalls um das der Kirchenmitglieder.

Würde der Staat in analoger Weise sein Vermögen offenlegen, glaube ich, dass kein Mensch mehr von einer Staatsverschuldung reden würde und dann Begehrlichkeiten der Staatsbürger zu Recht bestehen würden; eine Steuersenkung wäre die zwangsläufige Folge. Also nicht nur unbedacht gegen die Kirche herziehen! Wolfgang Guter, Wolfratshausen

Da stimmt was nicht

Die Kirche ist nach wie vor sehr, sehr reich, wenn man an die Flüchtlinge, die Hartz-IV-Empfänger und an die rund 795 Millionen Menschen in der Welt denkt, die hungern müssen, sowie an die zig-tausend Kinder, die jährlich an Hunger sterben! Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum Bischöfe rund 120 000 Euro jährlich aus der Staatskasse erhalten, in Luxuswohnungen wohnen und sich mit Dienstwagen umherkutschieren lassen. Wozu braucht der Erzbischof von München noch einen "Palazzo Marx" in Rom für rund 10 Millionen Euro (SZ vom 13. März 2012)? Die Pensionen für Bischof Mixa und andere in Höhe von rund 7000 Euro monatlich sind ebenfalls unverständlich, auch die hohen Gehälter von Pfarrern. Es scheint so, dass diese Herren alle gelernt haben, mit der Scham der Ungerechtigkeit zu leben!

Bereits Goethe kritisierte die Geistlichkeit heftig: "Aber sie will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen" (siehe Eckermann, "Gespräche mit Goethe", Leipzig, 1836).

Bei Licht betrachtet, hat für die reich dotierte Geistlichkeit die Satire von Erasmus von Rotterdam über den Soldatenpapst (Julius II.) "Julius vor der verschlossenen Himmelstür" ihre Aktualität wohl nicht verloren? Auf die letzte Frage, ob er nun bitte schön die Himmelstür für ihn aufschließen wolle, würde Petrus sicherlich auch heute antworten, dass die hohe, reich dotierte Geistlichkeit wohl über unermessliche Geldmittel verfüge, und so wären diese Herren gute Bauherren und könnten ihr eigenes Paradies errichten . . . Volkmar Marschall, Frankfurt

So reich - und doch bedürftig?

Die Auflistung des Vermögens der Erdiözese München ist nur ein kleiner Mosaikstein auf dem Weg zu einer umfassenden Aufklärung über das gesamte Kircheneigentum. Die weitaus meisten Werte liegen nämlich in Pfarrgemeinden, örtlichen Kirchenstiftungen, aber auch in externen kirchlichen Vermögens- und Rechtsträgern. Der Kirchenfinanzexperte Dr. Carsten Frerk hat als Gesamtumfang des Kirchenbesitzes schon im Jahr 2000 die Summe von mindestens 662 Milliarden Euro ermittelt, wobei etwa 60 Prozent auf die katholische Kirche entfielen. Inzwischen sind aber die Immobilienwerte enorm gestiegen. Da jede der beiden Kirchen in Deutschland etwa 4500 Quadratkilometer (4,5 Milliarden Quadratmeter) Grund besitzt - jeweils mehr als die Fläche von Berlin, Bremen und Bremerhaven, Hamburg und des Saarlandes zusammen - lässt sich allein dessen Verkehrswert unschwer erahnen. Einschließlich der Gebäude liegt das Immobilien-Gesamteigentum mittlerweile mit Sicherheit jenseits von einer Billion Euro. Ist es unter solchen Umständen zu viel verlangt, wenn die Kirchen künftig wenigstens ihre Theologen- und Priesterausbildung selbst finanzieren und nicht mehr dem Staat aufbürden? Gerhard Rampp, Augsburg

Kirche, Konkordat und Kohle

Wir haben in der Taufe und der Firmung und fünf weiteren Sakramenten den Geist Gottes empfangen und ein "unauslöschliches Merkmal" bekommen - gratis. Der Evangelist Markus bringt Jesu Botschaft auf den Punkt: "Die Zeit ist gekommen, das Gottesreich ist nah. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" (Mk. 1,15) Da steht nichts von Kirche, Konkordat und Kohle! O wundersames Konkordat, du verbindest die Welt und das Reich Gottes. Übrigens, lieber Bischof Marx, Sie sind doch einer der acht Kardinäle, die den Papst, der für die Kirche der Armen eintritt, beraten. Was sagt er zu Ihrem Speckgürtel? Hermann Rosenkranz, Augsburg

Wenn man bedenkt

"Erzbistum München besitzt 6,3 Milliarden" (21. Juni):

Exakt so viel kostete in US-Dollar der letzte Flugzeugträger der US-amerikanischen Nimitz-Klasse (laut Wikipedia). Michael Mieslinger, Eichenau

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© SZ vom 25.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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