Wartenberg:"Der Spielball liegt beim Landratsamt"

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Nach wie vor ist ein Grundstück an der Thenner Straße für eine Flüchtlingsunterkunft im Gespräch. Die Gemeinde hat den Kontakt zwischen Eigentümer und Behörde hergestellt - sie glaubt, damit ihre Pflicht vorerst erledigt zu haben

Von Wolfgang Schmidt, Wartenberg

Noch steht nicht fest, ob und wie viele Flüchtlinge Wartenberg aufnehmen soll. Das bereitet den Boden für Spekulationen jedweder Art, wie bei einer außerordentlichen Hauptversammlung des Marktgemeinderats deutlich wurde, die von der Teilnehmerzahl her durchaus auch eine Feriensitzung hätte sein können. Da spukte am Montagabend nach wie vor eine Zahl von 50 Flüchtlingen durch den Sitzungsraum, die, so hieß es, für den Ort nicht sozialverträglich sein könne. Und auch die Parole, "dass es größere und reichere Kommunen im Landkreis" gebe, machte nach wie vor die Runde. Zur aktuellen Situation sagte der Zweite Bürgermeister Peter Schickinger (FW): "Der Spielball liegt jetzt beim Landratsamt."

Fakt ist, nach wie vor ist ein Grundstück an der Thenner Straße für eine Containeranlage im Gespräch. Dadurch, dass die Marktgemeinde den Kontakt zwischen Eigentümer und Landratsamt hergestellt habe, glaubt Bürgermeister Manfred Ranft (FW), sich der Hauptpflicht entledigt zu haben: "Wir haben da nichts mitzuschwatzen", sagte Ranft. Da aber der Bebauungsplan für eine Containerunterkunft geändert werden müsse, "bleibe die Gemeinde doch im Spiel". Im Übrigen habe er den Eindruck, das Landratsamt kümmere sich zur Zeit um dringlichere Projekte im Landkreis Erding.

Bei dem interessierten Grundstückseigentümer an der Thenner Straße handelt es sich um die Familie Stuhlberger. Ludwig Stuhlberger sagte der SZ, er habe bisher ein einziges Vorgespräch mit dem Landratsamt geführt und dabei seine Bedingungen genannt. Demnach dürften nicht mehr als maximal 25 Personen untergebracht werden, eine niedrigere Zahl sei ihm aber lieber. Und die Laufzeit könne nicht mehr als drei bis vier Jahre betragen. Zu weiteren Verhandlungen mit dem Landratsamt sei es bisher nicht gekommen. Allerdings habe er auch mit den unmittelbaren Nachbarn an der Thenner Straße diskutiert - und dort sei man nicht unbedingt der Meinung, dass der Markt Wartenberg alternative Unterbringungsmöglichkeiten tatsächlich intensiv geprüft habe.

Das hat die Gemeinde getan, glaubt man den Worten von Interimsbürgermeiste Peter Schickinger (FW), der sich vom ersten Tag seiner dreiwöchigen Ranft-Vertretung an intensiv mit dem Thema befassen musste. Schickinger hat sich via Google Maps alle unbebauten Wartenberger Grundstücke angeschaut und sie auf ihre Tauglichkeit für eine Flüchtlingsunterkunft abgeklopft. Die unbebauten Grundstücke entlang der Strogen entfielen, da sie im Überschwemmungsgebiet lägen. Und Flächen in Gewerbegebieten kämen "wegen der gegenseitigen Belastung" nicht in Betracht. Er versicherte dem Marktrat, dass nach eingehender Prüfung tatsächlich nur die Gegend an der Thenner Straße für eine Containeranlage in Frage komme.

Dass die Flüchtlinge alle auf einem Fleck untergebracht werden müssten, bezweifelte Christian Pröbst (CSU). Andere Gemeinden würden eine dezentrale Unterbringung praktizieren. Pröbst nannte als Möglichkeit einen Gastronomen, bei dem 16 Personen Platz hätten. Ranft entgegnete allerdings, er habe in diesem Fall die Information erhalten, dass der Wirt sich genau gegen eine Vermietung für Flüchtlinge ausgesprochen habe. Darüber hinaus steht ja auch noch das Alte Schulhaus zur Debatte (siehe unten). Welche Unterkunft auch immer, man müsse aber auf jeden Fall auf die Aufnahme von Flüchtlingen vorbereitet sein, warf Markus Straßberger (CSU) in die Diskussion ein. Deshalb sollte die Gemeinde schnellstmöglich Kontakt mit Experten aufnehmen, abfragen, was sich an Betreuungsarten bewährt hat und sich auch schon nach Integrationsmöglichkeiten beispielsweise in den Wartenberger Vereinen erkundigen. Dem widersprach Ranft. Da man nicht wisse, wer komme - Muslime oder Christen, Familien oder junge Männer - könne man nicht ins Blaue hinein mit Hilfsorganisationen verhandeln, "das halte ich für sehr, sehr schwierig", sagte der Rathauschef.

Theresia Huber, langjährige Vorsitzende des Wartenberger Kinderschutzbundes, nutzte ihr vom Gemeinderat eingeräumtes Rederecht zu einem Appell gegen die Kleinkariertheit. Alle, die nach Wartenberg kämen, seien Menschen, die Schreckliches erlebt hätten. Ob es sich dabei um Christen, Muslime, Familien oder junge Männer handele, sei da wirklich unerheblich. Huber erinnerte an die 80 bis 100 Boatpeople aus Vietnam, die 1979 in der Marktgemeinde gestrandet seien. Der damals frischgegründete Kinderschutzbund habe gerade einmal 13 Mitglieder gehabt - und trotzdem sei eine effektive Betreuung auf die Beine gestellt worden.

© SZ vom 27.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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