Verzicht:Für den Geist, nicht für die Figur

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Für Pfarradministrator Philipp Kielbassa vom Pfarrverband Erdinger Moos ist die Fastenzeit im Sinne von Bußezeit zu verstehen. Der Verzicht könne viele Formen annehmen. (Foto: privat)

Die Fastenzeit beginnt. Sie soll nicht allein ein Ende der Völlerei bedeuten, sondern sie hat auch seelische Aspekte

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Nun ist sie vorbei, die Faschingszeit mit Partys, Krapfen und häufig auch viel Alkohol. Der Aschermittwoch stellt in der Kirche seit dem Pontifikat Gregors des Großen den Beginn der Fastenzeit dar und soll an die 40 Tage erinnern, die Jesus fastend und betend in der Wüste verbrachte und auf Ostern vorbereiten. Die Bezeichnung Aschermittwoch kommt von dem Brauch, in der Heiligen Messe an diesem Tages die Asche vom Verbrennen der Palmzweige des Vorjahres zu segnen und den Gläubigen ein Kreuz aus dieser Asche auf die Stirn zu zeichnen. Das gilt als ein Zeichen dafür, dass man seine Sünden bereut. Doch viele sehen heute im Sinn der Fastenzeit, dass man nach der Zeit der Völlerei über Weihnachten und Fasching abnimmt, um wieder eine Bikini- oder Badehosenfigur zu bekommen.

Für den Dorfener Pater Janusz Gadek ist das Ziel zwar in Ordnung, aber nicht Fasten im christlichen Sinne. "In der Kirche gibt es das Fastengebot in dem Sinne, dass man kein Fleisch isst, nur an Aschemittwoch und Karfreitag. Aber ein Fasten im Sinne davon, dass man abnimmt, ist damit nicht gemeint." Es gehe darum, dass man in sich gehe und zu der Erkenntnis komme, "dass es im Leben Wichtigeres gibt als gut essen und trinken". Aber natürlich solle man auch auf seinen Körper achten. "Nicht umsonst heißt es, der Körper ist der Tempel des Heiligen Geistes." Fasten sei nicht gleichbeutend mit Abstinenz zu sehen. Es gehe um die geistige Vorbereitung auf Jesus und darum, ein neuer Mensch zu werden. "Auch Jesus ging 40 Tage in die Wüste, um zu fasten und beten", sagt Pater Janusz Gadek. Aber nicht um Gewicht zu verlieren. Nutzen solle man diese 40 Tage vor allem zur inneren Vorbereitung auf das Osterfest. 40 Tage - von Aschermittwoch bis zur Osternacht - sind es deshalb rechnerisch, weil die Sonntage nicht als Fastentage gelten und deshalb nicht mitgezählt werden.

Für Pfarradministrator Philipp Kielbassa vom Pfarrverband Erdinger Moos ist die Fastenzeit im Sinne einer Bußzeit zu verstehen. "Fasten ist nur ein Element im Kontext. Man sollte sich Zeit nehmen, inne halten und nachfragen: Was läuft vielleicht falsch in meinem Leben, was läuft gut und wie kann ich diesen Aspekt noch positiv verstärken." Deshalb sollte man sich auch überlegen, auf was man verzichten kann. "Zum Beispiel auf Handy oder Computer. Fressen sie nicht zu viel von unserer Zeit? Gibt es nicht wichtigeres? Ist es nicht besser, sich mehr Zeit zu nehmen für den Partner, für die Kinder, Familie oder vielleicht einen anderen bedürftigen Menschen?" Wer nur faste, um eine Bikini- oder Badehosenfigur zu bekomme, handle egoistisch. Fasten sollte man, um den Verzicht für anderes, positiveres zu nutzen.

In einem Landkreis, in dem es noch einige Brauereien gibt, wird in der Fastenzeit gerne an den Spruch "Liquida non frangunt ieunum - Flüssiges bricht das Fasten nicht" erinnert. Und so mancher führt Hildegard von Bingen (1098 bis 1179) als Alibi an. Diese schreibt mehrfach in ihrem Buch Ursache und Heilung (von Krankheiten): Cervisiam bibat - man trinke Bier. Sie empfahl Bier vor allem schwermütigen Menschen, weil Bier den Mut hebe und die Regeneration der Seelenkräfte fördere. Den nahtlosen Übergang von Fastenzeit in die Starkbierzeit sieht Pater Janusz Gadek deshalb mit gemischten Gefühlen, da die Mönche ja nicht Bier tranken, um sich am Alkohol zu berauschen, sondern um Kalorien zu sich zu nehmen, denn die damals viel härtere Klosterarbeit und die umfangreichen Exerzitien gingen ja weiter.

Aber auch im Mittelalter waren wohl einige Personen dabei über das Ziel hinaus geschossen. Chronisten berichten, dass es jedem Mönch zu der Zeit erlaubt war, fünf Liter Bier am Tag zu sich zu nehmen - der harten Arbeit geschuldet. Bei einigen Starkbierfesten heute gibt es aber auch immer einige, die meinen, sie müssten den Mönchen von damals nacheifern.

© SZ vom 01.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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