Tiere:"Ein bisschen erschöpft bin ich schon"

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23 Jahre leitete sie als erste Vorsitzende die Geschicke des seit 25 Jahren existierenden Tierschutzvereins Erding: Im SZ-Gespräch erinnert sich Christa Manschek an schlimme Momente, aber auch an viele beglückende Begegnungen

Interview von Regina Bluhme

Der Tierschutzverein Landkreis Erding feiert am Sonntag 25-jähriges Bestehen - und Christa Manschek war von Anfang an dabei. 23 Jahre leitete sie als erste Vorsitzende die Geschicke des Vereins. In ihre Amtszeit fiel auch der Bau des Tierheims in Kirchasch, das vor zwei Jahren in Betrieb genommen wurde. Im April hat die 71-jährige ihr Amt abgegeben. Als Ehrenmitglied des Vereins sorgt die studierte Politologin aber auch weiterhin dafür, dass ausgesetzte Tiere wieder ein Zuhause finden. Im Gespräch erinnert sich Christa Manschek an schlimme Momente, aber auch an viele beglückende Begegnungen.

SZ: Frau Manschek, Sie hatten als Kind sicher eine Katze oder einen Hund als Haustier, stimmt´s?

Christa Manschek: Also, Tierliebe war in meinem Zuhause immer eine Selbstverständlichkeit. Meine Mutter hat sich sehr um Katzen gekümmert und wir hatten auch immer einen Hund, einen Lumpi oder einen Pedro.

Wie sind Sie denn zum Tierschutzverein gekommen?

Vor 25 Jahren wurde ich im Münchner Tierheim Zeuge, wie ein Mann seinen Hund abgegeben hat und ich habe gesehen, wie verzweifelt dieser Hund seinem Besitzer nachgeschaut hat. Das hat mich so berührt, dass ich im Münchner Verein Mitglied geworden bin.

Kurz drauf wurde in Erding der Tierschutzverein gegründet.

Ja, das waren anfangs recht chaotische Zustände. Dann wurde ich von Bekannten überredet, zu kandidieren und 1992 bin ich zur 1. Vorsitzenden gewählt worden. Die Anfänge waren bitter.

Wieso?

Es gab ja kein Tierheim! Die ausgesetzten Tiere mussten alle in Privathäusern untergebracht werden. Meine Mitstreiterinnen waren Gabi Eibl und Ilse Jehl, sie öffneten ihre Häuser für Tiere, die von ihren Besitzer entsorgt worden sind. Zum Teile waren die Tiere krank, zum Teil auch richtig wild. Da wurde einiges ramponiert. Auch bei mir haben Welpen das Treppengeländer zerkratzt und teilweise die Fensterstöcke angebissen. Da braucht man ganz viel Idealismus und vor allem auch die Geduld und Unterstützung des Ehepartners.

Sie begannen für ein Tierheim zu kämpfen.

Ja, das war ein langer, zäher Kampf, der auch viel Kraft gekostet hat. Aber wir hatte drei Befürworter: Hans Wiesmaier, den Bürgermeister von Fraunberg und Vorsitzenden des Gemeindetags, den Erdinger OB Max Gotz und nicht zuletzt Landrat Martin Bayerstorfer. Alleine hätten wir es nicht geschafft, dass die Gemeinden des Landkreises Pauschalen für Fundtiere zahlen. Nur so können wir das Heim überhaupt betreiben.

2012 war dann endlich Richtfest.

Ja, aber haben wir dann ganz viel in Eigenarbeit geleistet, zum Beispiel beim Ausbau des Dachstuhls oder den Außenanlagen. Ich weiß noch, wie Gabi Eibl innen geweißelt hat. Das ging alles mit ganz viel Frauenpower und mit Unterstützung der Ehepartner. Viel ehrenamtliche Arbeit - aber die Eröffnungsfeier war umso schöner.

Jetzt ist das Tierheim in Betrieb und Sie legen den Vorsitz nieder.

Nach 23 Jahren muss mal auch mal einen Schlussstrich ziehen. Und ein bisschen erschöpft bin ich schon. Als Ehrenmitglied bin ich ja immer noch dabei. Ich tue weiterhin Dienst im Tierheim, vermittle Tiere, stelle Verträge und Impfpässe aus. Auch bei Nachkontrollen im neuen Zuhause bin ich dabei. Da schauen wir dann, ob es dem Tier auch wirklich gut geht.

Wie weiß man, ob das Tier zum Besitzer passt?

Mit den Jahren entwickelt man eine Antenne für Menschen. Manchmal täuscht man sich auch. Da hat man ein mulmiges Gefühl, aber dann merkt man bei der Nachkontrolle, wie liebevolle der neue Besitzer mit dem Tier umgeht. Am Anfang brauchen die Besitzer viel Geduld, weil die Tiere oft eine miese Geschichte hinter sich haben. Manche haben wirklich so viel durchgemacht.

Zum Beispiel?

Am schlimmsten ist, wenn wir Tiere auffinden, die so verwahrlost sind, dass sie eingeschläfert werden müssen. Ich werde auch den Blick des Hundes nicht vergessen, der an einen Pfosten angebunden war. Dann war da ein Hundebesitzer, der einen Husky im Internet gekauft hatte und mit dem Tier überhaupt nicht zurechtkam. Der Hund wurde bei uns abgeliefert, weil er Menschen gezwickt hat. Er war verstört, später hat er ein gutes Zuhause gefunden und ist wieder auf die Spur gekommen. Es gibt auch sehr beglückende Momente, wenn man sieht, wie ein Tier gut aufgenommen wird.

Wie viele Tiere haben Sie denn im Moment zu Hause?

Ich habe einen sehr großen Garten und dort lebt eine Hasenkolonie. Sie haben ihre Hütten und ihr Höhlensystem. Was viele nämlich nicht wissen, die ihre Kaninchen aus dem Baumarkt holen: Diese Tiere buddeln und graben gerne und haben ein unheimliches Freiheitsbedürfnis. Die wollen auf keinen Fall in Kinderzimmer in einer Ecke hocken. Außerdem habe ich noch fünf Hunde. Einen nehme ich einmal die Woche mit ins Heilig-Geist-Spital in Freising. Dort besuche ich mit weiteren Vereinsmitgliedern die Senioren. Das ist immer ein sehr schönes Erlebnis für alle Beteiligten.

Sie sind studierte Politologin. Hat Sie denn Tiermedizin nicht gereizt?

Ach, wissen Sie: Tiermedizin ist ein schwieriger Beruf. Da müssen Sie nicht nur Arzt, sondern auch Psychologe und Sozialarbeiter sein. Ich finde, ich habe als Politologin einen sehr guten Hintergrund. Im Tierschutz kommt man mit Emotionen nicht immer weiter, da müssen Sie auch einfach gut argumentieren können und das habe ich im Studium gelernt.

Der Tierschutzverein Landkreis Erding veranstaltet am Sonntag, 30. August, einen "Tag der offenen Tür" im Tierheim in Kirchasch. Zusammen mit dem Münchner Tierschutzverein wird von 12 bis 17 Uhr am Jagdhaus 2 und 3 gefeiert.

© SZ vom 25.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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