Städtebauliches Konzept:Urbanes Quartier

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Verkehrsgünstig gelegen, mit grünen Flächen und vielen Möglichkeiten: Das Gelände der stillgelegten Dachziegelfabrik Meindl. (Foto: Renate Schmidt)

Die Eigentümer des Geländes der stillgelegten Dachziegelfabrik Meindl stellen ihre Ideen vor: 800 Wohnungen und 60 Häuser für 1840 Bewohner. Der Dorfener Stadtrat reagiert darauf zurückhaltend

Von Florian Tempel, Dorfen

800 Wohnungen in bis zu vierstöckigen Gebäuden sowie 60 Reihen-, Einfamilien- und Doppelhäuser. Bei durchschnittlich zwei Personen pro Wohnung und drei Menschen pro Haus macht das 1840 Bewohner. So stellt man sich bei der Etex Holding, der Eigentümerin der stillgelegten Dachziegelfabrik Meindl, die künftige Nutzung des Areals vor. Ein alter Fabrikbau könnte als "identitätsstiftendes" Souvenir stehen bleiben und für Loftwohnungen oder eine Kita genutzt werden. Dazu haben die Planer einen "Stadtanger" genannten freien Raum zwischen den Gebäuden und einen "Stadtbalkon" vorgesehen, ein etwas erhöhter kleiner Platz, zum Raufgehen und Runterschauen. Noch weiter oben am Isentalhang, an der Straße nach Schwindkirchen, sollen Gewerbeflächen entstehen. Der Stadtrat nahm das "städtebauliche Konzept" der Etex Holding für das 23 Hektar große Gelände zurückhaltend und ohne Begeisterung zur Kenntnis.

Nach der offiziellen Darstellung der Creaton AG, dem Mutterunternehmen von Meindl und selbst Tochterfirma im weltweit operierenden Baustoffkonzern Etex, ist das Dachziegelwerk Meindl "aufgrund der kurz- und mittelfristig ungünstigen Absatzchancen" stillgelegt worden. Nach SZ-Recherchen gibt es aber auch eine andere Erklärung: Die Werksschließung erscheint dabei als mittelbare Folge illegaler Absprachen mehrerer Dachziegelfirmen, die das Bundeskartellamt 2008 aufgedeckt hatte.

Im Juni 2015 endete ein langwieriger Prozess damit, dass der Creaton AG die Zahlung einer Kartellstrafe von 39,9 Millionen Euro auferlegt wurde. Der frühere Creaton-Vorstand, Alfons Hörmann, aktueller Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, akzeptierte zeitgleich eine persönliche Geldbuße in Höhe von 150 000 Euro plus etwa 75 000 Euro Zinsen. Damit die Creaton AG die Kartellstrafe überhaupt zahlen konnte, erhielt sie den größten Teil von der Etex Holding vorgestreckt.

Es ist daher ein nahe liegender Gedanke, dass die Etex Holding als Kompensation für die Millionenzahlung die Verwertung des Meindl-Areals forderte. Das 23 Hektar große Fabrikgelände gehörte sowieso schon seit 2007 direkt der Etex Holding. Auch in der Zeitschiene passt alles: Kaum war die Bußgeldzahlung rechtskräftig, gab die Creaton auch schon die Schließung des Meindl-Werks bekannt.

Die Werksstilllegung, durch die 90 Arbeitsplätze verloren gingen, verspricht aber nicht nur ein millionenschweres Immobiliengeschäft für die Etex Holding zu werden. Eine Etex-Vertreterin räumte ein, dass man das Gelände nicht selbst bebauen, sondern vorher verkaufen wolle. Die Konversion des Fabrikareals gibt der Stadt auch die Chance, in Zeiten großen Wohnraummangels einen neuen Stadtteil zu entwickeln. Im Stadtrat finden das alle Parteien großartig. Das neue "Ziegelei-Quartier", wie es die Etex-Planer nennen, liegt nahe am Bahnhof und am Dorfener Einkaufsgebiet, es gibt große grüne Flächen und viele Möglichkeiten. Die Grünen regten an, auf dem Areal sozial verträglichen Wohnungsbau zu realisieren. Die SPD propagiert die Gründung einer Genossenschaft, die für ihre Wohnanlage ein vergünstigtes Grundstück erhalten soll. Und noch etwas macht das Gelände so wertvoll: Die Alternativplanung für den Bahnausbau sieht vor, den Rand des Meindl-Geländes für eine Gleistieferlegung herzunehmen. Dadurch wird auch eine vernünftige Erschließung des neuen Stadtteils zur Bahnhofstraße möglich.

Städtebaulich ist das Etex-Konzept eher einfach gestrickt. Entlang der Bahn sollen vierstöckige Riegel als Lärmschutz für das ganze Gelände dienen. Im Weiteren ist alles sehr aufgeräumt geplant. Dass auf mehr als 80 Prozent der Fläche Etagenwohnhäuser vorgesehen sind, fanden einige Stadträte unverhältnismäßig viel, andere genau richtig. In einem war man sich einig: Ein so großes Gebiet müsse nach und nach bebaut und bezogen werden. Außerdem sei zu klären, dass die Stadt Geld für Folgekosten für Infrastruktur abschöpfen kann. Am Ende der Diskussion machte Heiner Müller-Ermann (SPD) noch einen grundsätzlichen Vorschlag: "Ich plädiere für einen städtebaulichen Wettbewerb. Vielleicht fällt jemand anderem etwas anderes ein als diese Riegelbebauung."

© SZ vom 08.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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