Pflegekräftemangel:Noch beherrschbar

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Kliniken und Seniorenheime müssen sich etwas einfallen lassen, um genügend Mitarbeiter zu gewinnen. Der Mangel hält sich noch in erträglichen Grenzen, am Kreiskrankenhaus sind jedoch 14 Stellen unbesetzt

Von Regina Bluhme, Erding

Die einen setzen auf günstige Mitarbeiterwohnungen oder bieten Kinderbetreuung in den Ferien an, andere haben eine eigene Integrationsbeauftragte für ausländische Beschäftigte, Kliniken und Seniorenheime lassen sich etwas einfallen, um Personalmangel vorzubeugen. Seit kurzem gibt es am Klinikum Erding sogar eine eigene Abteilung für Personalmarketing, die mit der Betriebswirtin Anna Christina Schreckling besetzt ist. "Employer Branding und Personalmarketing", so lautet der exakte Name der neuen Abteilung. Anna Christina Schreckling werde sich ausschließlich um "Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern kümmern", heißt es in der Pressemitteilung des Landratsamts.

Wie das genau ablaufen soll, da bleibt die Ankündigung recht theoretisch: Von "zielgruppengerechten Konzepten zur Fachkräftegewinnung" ist die Rede, "Implementierung eines Karriereportals", "Entwicklung moderner Konzepte für die Integration neuer Mitarbeiter". Wie auf Nachfrage zu erfahren ist, soll wohl eine der ersten Maßnahmen sein, ein Online-Bewerbungsportal am Klinikum zu installieren. Das Klinikum arbeitet bisher mit der Bundesagentur für Arbeit zusammen, im Rahmen des Programms "Triple Win", das laut Eigenauskunft im Ausland Kräfte aus Serbien, Bosnien-Herzegowina und den Philippinen rekrutiert. Mundpropaganda kann helfen: Immer wieder würden Pflegekräfte "von eigenen Mitarbeitern mit Migrationshintergrund in deren jeweiliger Heimat angeworben", so Pressesprecherin Claudia Fiebrandt-Kirmeyer.

Laut Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) ist zudem das Bildungszentrum für Gesundheitsberufe, das jetzt ein eigenes Gebäude bekommt, "ein elementarer Baustein in der Gewinnung neuer Pflegekräfte". Erding ist Standort von zwei Berufsfachschulen für Pflegeberufe: die Berufsfachschule für Krankenpflege und die Berufsfachschule für Krankenpflegehilfe. Dort wird auch ein Duales Studium angeboten, und es gibt Weiterbildungsmöglichkeiten für Mitarbeiter. Auch das B2 Sprachzertifikat kann erworben werden.

Noch musste wegen Personalmangels keines der insgesamt 330 stationären Betten gesperrt werden, berichtet Fiebrandt-Kirmeyer. Aktuell hat das Klinikum 1027 Mitarbeiter und insgesamt circa 661 Vollzeitstellen. Im Moment sind laut Webseite folgende Stellen vakant: drei ärztliche Positionen, 14 Pflegestellen (inklusive zwei Ausbildungsstellen) und acht Stellen "im sonstigen therapeutischen Bereich und der Verwaltung". An der Klinik Wartenberg gibt es laut Irene Hilf, Referentin Kommunikation, im Pflegedienst aktuell keine vakanten Stellen. "Wir liegen bei unserer Vollkraft-Quote sogar leicht über Plan." Zur Zeit lägen sogar mehrere Bewerbungen vor. Für den Empfang sei gerade eine Stelle frei, ebenso eine in der Küche und auch ein Azubikoch wird gesucht. Es sei doch festzustellen, "dass Personal nicht mehr so leicht zu finden ist wie in der Vergangenheit".

Auch Wartenberg nutzt das Projekt "Triple Win". Im Haus gibt es zudem eine Integrationsbeauftragte, die sich um die neuen Mitarbeiter aus dem Ausland kümmert. Für die Mitarbeiter hat die Klink Wartenberg Sport- und Entspannungskurse im Angebot, eine "betriebsnahe Kindergartengruppe", eine Betreuung der Mitarbeiterkinder in den Sommerferien und flexible Arbeitszeitmodelle. Um künftigen Mangel vorzubeugen, "möchten wir vermehrt selbst Pflegekräfte ausbilden".

Das Seniorenzentrum der Erdinger Fischers Wohltätigkeitsstiftung sucht nach Angaben von Geschäftsführer Matthias Vögele "nur gelegentlich". Aktuell bestehe für das Haus mit insgesamt 165 Pflegeplätzen kein Fachkräftemangel. 200 Mitarbeiter, darunter einige in Teilzeit, hat das Haus. Auch Beschäftigte aus dem Ausland sind darunter, die Quote belaufe sich auf "ein bis zwei Prozent". Sie kommen überwiegend aus Europa: Spanien, Portugal, Kroatien, Österreich, zählt Vögele auf.

Die Fischers Stiftung will mit Dienstwohnungen punkten. Im vergangenen Jahre sei in einem Trakt das als Lager genutzte Obergeschoss ausgebaut worden zu Ein- und Zwei-Zimmer-Appartements, die zwischen 25 und 40 Quadratmetern groß und teilweise möbliert sind und die nun laut Vögele "zu einem sehr günstigen Preis" an Mitarbeiter vermietet werden.

Im städtischen Heilig-Geist-Stift Erding gibt es laut Pressesprecher Christian Wanninger "ganz wenige offene Stellen". Die Suche könne mit "regionalen Ausschreibungen", unter anderem in Tageszeitungen, erledigt werden. "Noch funktioniert es auch mit Mitarbeitern aus der unmittelbaren Umgebung", so Wanninger. Die circa 155 Bewohner werden nach Auskunft des Pressesprechers von circa 100 Voll- oder Teilzeitkräften betreut.

Beim Pichlmayr Seniorenzentrum Taufkirchen berichtet Einrichtungsleiterin Anja Hannich von einer "sehr stabilen Personaldecke" sowohl bei Helfern als auch bei den Fachkräften. Für die 90 vollstationären Plätze sind insgesamt circa 130 Mitarbeiter im Dienst. Allerdings gehe das Haus "prospektiv auf die Suche", denn der Altersdurchschnitt des Personals sei relativ hoch, und in absehbarer Zeit werden einige Kräfte auch in Rente gehen.

© SZ vom 19.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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