Pflegebeauftragter Zwick:120 Hilferufe in nur zwei Wochen

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Bayerns neuer Pflegebeauftragter Werner Zwick wird offenbar gebraucht - bei Missständen in Heimen soll er eingreifen.

Dietrich Mittler

Erst seit gut zwei Wochen ist Ministerialdirigent Werner Zwick der Pflegebeauftragte des bayerischen Sozialministeriums, doch seitdem haben sich bereits 120 Menschen an ihn gewandt. Fünfmal griff der 53-Jährige danach sofort zum Telefonhörer oder setzte eine Mail ab, um die zuständige Heimaufsicht zu informieren: Verdacht auf zum Teil gravierende Missstände. In einem Fall sollen verwirrte Patienten geschlagen oder über die ganze Nacht weggesperrt worden sein. In einem anderen Fall wurden womöglich Zuckerkranke völlig falsch ernährt, was für sie lebensgefährlich werden könnte. Deutlicher will Zwick nicht werden - doch eins stellte er umgehend klar: Die Heimaufsicht hat die jeweilige Einrichtung bereits unangemeldet aufgesucht, weitere Visiten sollen folgen. Womöglich wird auch noch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

"Die 120 Kontakte in nur zwei Wochen zeigen mir ganz deutlich, dass dieses Amt des Pflegebeauftragten längst hätte geschaffen werden müssen", sagt Zwick. Es gebe spürbaren Bedarf in der Bevölkerung, und deshalb nehme er das neue Amt auch sehr gerne wahr, sagt der Spitzenbeamte, der bereits als stellvertretender Amtschef des Sozialministeriums über Arbeitsmangel nicht klagen muss. Die meisten Anfragen und Hinweise auf mögliche Konflikte in Pflegeheimen erreichten Zwick telefonisch unter der kostenlosen Hotline 0800/0114353 (Kontaktaufnahme übers Internet unter www.pflegebeauftragter.bayern.de).

Nach Büroschluss und insbesondere in der Nacht sind Zwick und sein vierköpfiges Team zwar nur über Anrufbeantworter erreichbar, aber sie rufen am Tag darauf zurück. Die gut eine Handvoll Briefe und die 16 E-Mails, die ihn erreichten, waren indes nicht weniger interessant als die Anrufe von Pflegebedürftigen, ihren Angehörigen und Pflegekräften.

In einem Fall etwa meldete sich eine Frau bei ihm, die der Münchner Pflegeexperte Claus Fussek weitergeleitet hatte. Über Jahre hinweg war Fussek so ziemlich der Einzige, der permanent mit Hilferufen und Beschwerden über die Zustände in Bayerns Heimen überschüttet wurde. Dass Fussek nun eine Informantin an ihn verwies, freut Zwick. "Sie hatte Hinweise auf einen tatsächlichen Pflegemissstand", sagt der neue Pflegebeauftragte in einer ersten Bilanz seit seiner Ernennung am 26. Januar.

Auch sonst war der Kontakt mit Fussek, der oft mit Kritik am Sozialministerium nicht spart, offensichtlich angenehm: "Er hat mir am Telefon zugestanden, dass ich als Pflegebeauftragter ein gutes und wichtiges Amt übernommen habe", sagt Zwick. Sozialministerin Christine Haderthauer betont unterdessen, sie verstehe den Pflegebeauftragten als bewusst niederschwellige Kontaktmöglichkeit, bei der man auch anonym Hinweise geben könne. "Persönliche Daten werden von uns geheim gehalten", sagt sie.

© SZ vom 15.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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