Oberding: 99 Menschen aus neun Ländern:Der neunte Ortsteil

Lesezeit: 2 min

Die Flüchtlingsunterkunft bei Aufkirchen in der Gemeinde Oberding ist mittlerweile fast vollständig belegt. "Es läuft" im "Weltdorf", so das Fazit von Andrea Hartung, Sprecherin des Helferkreises "Starke Hände"

Von Regina Bluhme, Oberding

Oberding hat zu seinen acht Ortsteilen eine kleine Gemeinde hinzubekommen: Das "Weltdorf" bei Aufkirchen. So nennt der Helferkreis "Starke Hände" mittlerweile die Flüchtlingsunterkunft. Aktuell leben in der auf 108 Plätz ausgelegten Anlage 99 Menschen aus neun Ländern, darunter auch drei Familien. Für die Kinder wurde auf dem Gelände vor kurzem eine Haltestelle für den Schulbus eingerichtet. "Es läuft", lautet das Fazit von Gemeinderätin Andrea Hartung, die als Sprecherin des Helferkreises jüngst über den neuesten Stand informierte.

Lange waren die vier verschieden farbigen Containermodule, ein paar Gehminuten vom Kaufland im Gewerbegebiet West entfernt, weniger als zur Hälfte belegt. Im November hatte die Regierung von Oberbayern die Unterkunft vom Landkreis Erding übernommen. Seit geraumer Zeit gibt es dort einen Verwalter mit eigenem Büro, einen Hausmeister und eine Mitarbeiterin des BRK, die für die Asylsozialarbeit zuständig ist. Und die Anlage ist fast voll. "Derzeit wohnen 99 Personen in unserem Weltdorf", berichtet Andrea Hartung. Sie kommen aus Afghanistan, Iran, Somalia, Nigeria, Sudan, Türkei, Tschetschenien, Syrien und Pakistan.

In einem der Module leben drei Familien mit Kindern im Alter von zehn bis 14 Jahren. Alle vier Kinder konnten laut Helferkreis in der Offenen Ganztagsschule in Oberding untergebracht werden, ein Zehnjähriger geht in den Hort. "Mit Unterstützung des Oberdinger Bürgermeisters Bernhard Mücke ist es auch gelungen, auf dem Gelände eine Haltestelle für den Schulbus einzurichten, der für die Flüchtlingskinder eine kleine Schleife fährt", so Hartung.

Ein leidiges Thema ist nach Angaben der Helferkreis-Sprecherin der fehlende Internet-Anschluss in der Unterkunft. "Die Menschen brauchen den Anschluss, da das Handy ist die einzige Verbindung zur Familie ist", erklärt Hartung. Darüber hinaus werde das Internet für Bewerbungen benötigt. Dieses Problem will Hartung demnächst mit einem Vertreter der Regierung von Oberbayern besprechen.

Dafür läuft es mit TEKLA, dem Kleiderladen im verwaisten Aufkirchener Pfarrhaus, sehr gut. Alle 14 Tage hat er von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Neben Kleidung gibt es dort auch Unterstützung bei Bewerbungen oder beim Ausfüllen von Formularen. Vor dem Pfarrhaus werden Fahrräder gegen Kaution ausgegeben und gemeinsam von Mitgliedern des Helferkreises und Flüchtlingen Reparaturen durchgeführt. "Fahrradspenden sind herzlich willkommen", fügt die Gemeinderätin hinzu.

Großen Zulauf erfährt laut Hartung der Deutschunterricht des Helferkreises, der in kleinen Gruppen in einem eigenen Schulungsraum in der Anlage erfolgt und nahezu täglich stattfindet. Zusätzlich besuche die Mehrheit der Bewohner regelmäßig Deutschkurse der Volkshochschule. Ein Dilemma sei allerdings, dass viele Nigerianer und Pakistaner keine erneute Arbeitserlaubnis erhalten, "so dass diese Menschen zur Tatenlosigkeit gezwungen werden", erklärt Andrea Hartung. "Viele Bewohner klagen über Langweile und hegen nur den einzigen Wunsch, wieder arbeiten zu dürfen", fügt sie hinzu. So gut es geht, versuchten sie, sich die Zeit mit Tischtennis oder Fußball zu vertreiben. Die Gemeinde hat die Rasenfläche vor den Gebäuden angelegt, zwei bewegliche Tore gibt es dank einer Spende auch. Im Sommer ist ein Nachbarschaftsfest mit den Mitarbeitern von Post, Kaufland und Auer geplant - die Initiative dazu sei von den Betrieben ausgegangen, berichtet Hartung.

Eine ehemalige Bewohnerin liegt Hartung am Herzen. Die junge Frau aus Eritrea lebt als anerkannte Asylbewerberin in einem Oberdinger Privathaus. Der Helferkreis betreut sie weiterhin. "Wir sind auf der Suche nach einer Anstellung als Küchenhilfe und nach einer geeigneten kleinen Wohnung", so Hartung. Und noch ein Anliegen hat der Helferkreis: Viele der neuen Bewohner aus afrikanischen Ländern gehören dem christlichen Glauben an und würden gerne den Gottesdienst in Aufkirchen besuchen. "Doch noch fehlt es ihnen an Mut und Selbstvertrauen alleine in die Kirche zu gehen", sagt sie. Der Helferkreis sucht deswegen Kirchgänger, die die Flüchtlinge zu den Gottesdiensten begleiten.

© SZ vom 12.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: