Konzeptdebatte:"Unausgegoren ist der richtige Ausdruck"

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Trotz heftiger Kritik bewirbt sich die Stadt Dorfen mit der Umsiedlung ihrer zentralen Sport-, Freizeit- und Erholungsflächen für die Landesgartenschau und setzt sich dabei unter Zeitdruck

Von Thomas Daller, Dorfen

Es ging wieder einmal drunter und drüber im Dorfener Stadtrat, dem Thema angemessen: Soll man das Freibad nach Rutzmoos verlegen und das TSV-Gelände gleich mit dazu? Und die Anlage des Tennisclubs auch noch? Prinzipiell sind dies Vorstellungen, mit denen sich die Stadt schon länger beschäftigt und im Flächennutzungsplan auch bereits so vorgesehen hat. Aber soll man die Entscheidung in den nächsten Monaten übers Knie brechen, weil man den Zuschlag für die Landesgartenschau bekommen könnte und damit ein Förderprogramm von maximal fünf Millionen Euro? Der Preis wäre hoch: Die dann verlassene Brache mitten in der Stadt würde für die Schau als Ausstellungsfläche genutzt und sollte dann etwa 25 Jahre so Bestand haben. Mit knapper Mehrheit hat der Stadtrat zugestimmt, diese Flächen für die Bewerbung einzureichen. Ein endgültiger Beschluss ist damit aber noch keineswegs verbunden.

Bei den Flächen handelt es sich um Filetstücke, die sich für eine Wohnbebauung eignen würden. Insbesondere der TSV, der dringend weitere Trainingsplätze benötigt, könnte einen Neubau an anderer Stelle mit dem Verkauf gegenfinanzieren. Ob die Rechnung auch aufgeht, wenn dort Blümchen für eine Landesgartenschau gepflanzt werden, wurde noch nicht näher erörtert. Beim Tennisclub würde man mit einem Umzug nach Rutzmoos offene Türen einrennen, denn der Pachtvertrag für ihre Anlage läuft Ende der 2020er Jahre aus.

Ganz anders verhält es sich mit dem Freibad, denn dabei gibt es noch ganz viele unbeantwortete Fragen und auch viele Argumente für und wider eine Verlegung. Ob es sachdienlich ist, alle drei Projekte zu einer Paketlösung mit der Landesgartenschau zu verschnüren, war daher im Stadtrat sehr umstritten.

Hinzu kam, dass Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) mit verdeckten Karten gespielt hatte. In der Januar-Sitzung des Stadtrats hatte er noch behauptet, die Stadt werfe mit der Bewerbung nur ihren "Hut in den Ring"; dezidiert über Flächen könne man dann noch in Ruhe reden. Er hatte aber bereits am 17. November vergangenen Jahres eine Interessensbekundung bei der Landesgartenschau abgegeben und am 9. Januar die strittigen Sport-, Freizeit und Erholungsflächen samt Luftbild und Projektbeschreibung gemeldet; vorbehaltlich der Entscheidung des Stadtrats. Formalrechtlich hat er damit keinen Verstoß begangen, aber Vertrauen bei vielen Stadträten eingebüßt, die sich hintergangen fühlten. Erst am Freitag vergangener Woche, 2. Februar, hatte er eine kleine Runde aus den stellvertretenden Bürgermeistern und zuständigen Referenten eingeweiht, das Gros der Stadträte erfuhr erst am Montag davon - 48 Stunden vor der Stadtratssitzung, bei der das Thema auf der Tagesordnung stand.

Heiner Müller-Ermann (SPD) warf Grundner ein "katastrophales Vorgehen" vor und "unangebrachtes Herrschaftswissen". Gerade weil es beispielsweise in Traunstein und Erlangen Bürgerbegehren gegen eine Landesgartenschau gegeben habe, spreche alles dafür, diese Bewerbung möglichst transparent zu machen.

Martin Heilmeier (Landliste) hielt Grundner zudem vor, dass der Stadtrat in diesem Kontext zum ersten Mal erfahre, dass das Freibad marode sei und wohl spätestens 2022 oder 2023 saniert werden müsste. Das Becken war schon einmal leck und wurde 2008/09 mit einer Folie versiegelt, für die der Hersteller zehn Jahre Lebensdauer versprochen hatte. Mittlerweile reißt diese Folie an vielen Stellen, weil das Becken im weichen Dorfener Untergrund absackt. Flicken hilft nicht mehr lange. Im Hinblick auf die Fristen der Landesgartenschau müsse man bereits im März entscheiden, ob man das Schwimmbad auslagere oder nicht, sagte Heilmeier: "Unausgegoren ist der richtige Ausdruck."

Ursula Frank-Mayer (Grüne) sprach sich dagegen aus, das Schwimmbad zu verlegen. Mitten in der Stadt sei es zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar. Man könnte in Rutzmoos zur Entlastung zusätzlich einen Naturweiher anlegen. Alternativ könnte man das Bad um ein Teilstück des TSV-Geländes erweitern, wenn der Verein absiedelt. Dorette Sprengel (Grüne) war skeptisch, ob der Moorboden in Rutzmoos sich für das schwere Becken besser eigne als der Untergrund in der Stadt.

Mit zwölf gegen zehn Stimmen wurde schließlich beschlossen, diese Flächen für die Bewerbung zur Landesgartenschau beizubehalten. Möglicherweise ist die Entscheidung bereits heute, Freitag, obsolet. Denn am 9. Februar wird beschlossen, welche Städte bei der Gartenschau in die nächste Runde kommen.

© SZ vom 09.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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