Freising:Warten auf Seehofer

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"Aufgemuckt" nimmt das Gesprächsangebot des Ministerpräsidenten an, erwartet sich aber nicht viel

Von Johann Kirchberger, Freising

Sollte Ministerpräsident Horst Seehofer wie angekündigt im Herbst das Gespräch mit den Startbahngegnern suchen, sollte man sich dem nicht verweigern - dies war einhelliger Tenor fast aller Redebeiträge bei der Mitgliederversammlung des Aktionsbündnisses "Aufgemuckt" am Mittwochabend. Das sei ein Gebot der Fairness, hieß es. Große Erwartungen hegt man indes nicht, dass dabei etwas herauskommen könnte. Gespannt ist man trotzdem, was Seehofer anbieten werde.

"Will er die Startbahn grün anstreichen oder einen Meter schmäler bauen?", fragte Sprecherin Helga Stieglmeier. Aufgemuckt will auf alle Fälle geschlossen auftreten und sich nicht "einseifen" lassen. Notfalls werde man das Gespräch abbrechen, wenn sich Staatsregierung und Seehofer erkennbar nicht bewegten, "wir werden nicht jede Kröte schlucken". Zudem will "Aufgemuckt" darauf beharren, dass das Treffen in Attaching stattfindet.

Ansonsten sind die Startbahngegner trotz der ablehnenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts recht zufrieden, sie verspüren nicht zuletzt durch die Umfrage des Fernsehsenders Sat 1, wonach die Bürger in Bayern und noch mehr die im Großraum München eindeutig gegen den Bau einer dritten Startbahn sind, sogar Rückenwind. Es sei vielsagend, dass die FMG die Umfrage bisher nicht kommentiert habe, sagte Stieglmeier, "offensichtlich liegen dort die Nerven blank".

Zur guten Stimmung trägt auch die Position des Münchner OB Dieter Reiter (SPD) bei, wonach es zu keinem neuen Bürgerentscheid kommen werde, sollte sich die Zahl der Starts und Landungen nicht "grundlegend und dauerhaft" verändern, wie Christian Magerl (Grüne) hervorhob. Magerl befürchtet derzeit keine "Schmutzeleien" der Staatsregierung. Die Umwandlung der Flughafengesellschaft in eine Aktiengesellschaft sei ebenso vom Tisch wie eine mögliche Klage der FMG gegen den Gesellschafter München, glaubt er. Die Hetze von FMG-Angestellten im Internet gegen Politiker und Journalisten will der Abgeordnete jedoch im Landtag zur Sprache bringen. Auf die Gespräche mit Seehofer "müssen wir uns gut vorbereiten", sagte Magerl. "Unsere Argumente sind stichhaltig und gut. Lasst uns weiter zusammenstehen, vielleicht können wir im Herbst die dritte Startbahn beerdigen." Auch Katharina Schulze, Landtagsabgeordnete der Grünen und Initiatorin des Münchner Bürgerentscheids, gab sich zuversichtlich. Derzeit erkenne sie keine Bewegung im Rathaus pro dritte Startbahn, sagte sie, auch nicht innerhalb der CSU. Von gelegentlichen Störfeuern sollte sich "Aufgemuckt" nicht beeindrucken lassen, das Bündnis "München gegen die dritte Startbahn", so Schulze, "steht weiterhin an eurer Seite".

Das tue auch die Schutzgemeinschaft, versprach deren stellvertretender Vorsitzender und Vize-Landrat Robert Scholz. Einstimmig habe man beschlossen, vier Attachinger Musterkläger bei ihrer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht mit 50 000 Euro zu unterstützen. Die Chancen, in Karlsruhe erfolgreich zu sein, seien zwar gering, aber eine kleine Hoffnung bestehe doch, dass die Auswirkungen der dritten Startbahn als Menschenrechtsverletzung angesehen würden. Gerne würde er es sehen, wenn bei den Auseinandersetzungen der Klimaschutz mehr in den Vordergrund gerückt würde. "Fliegen ist die umweltschädlichste Fortbewegungsart", sagte Scholz, "ich fliege nicht".

Gleichwohl gab es auch Stimmen, die dem Frieden nicht so recht trauen. Hartmut Binner befürchtet, von Seehofer "verarscht" zu werden. Oder Rainer Pilz aus Kranzberg. Der schließt nicht aus, dass die Staatsregierung der Stadt München derart interessante Angebote machen werde - Stammstrecke, Konzertsaal -, dass diese letztlich kippen könnte. Gleich zu Beginn der Versammlung verteilte Aufgemuckt-Sprecher Binner Geld. 1327 Euro aus dem Erlös des "Koa-Dritte-Festivals" bekam die BI Attaching für den Gang vor das Bundesverfassungsgericht. 500 Euro gingen an den Bund Naturschutz, der in Brüssel Beschwerde wegen Verstößen gegen das europäische Naturschutzrecht einlegen will.

© SZ vom 31.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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