Freising:Freiheit für die Isar

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Wasserwirtschaftsamt will Fluss von dem Eingraben abbringen

Von Alexandra Vettori, Freising

Jetzt warten alle auf das nächste Hochwasser oder wenigstens die Schneeschmelze. Denn dann übernimmt die Isar die Regie und vollbringt, was der Bagger des Wasserwirtschaftsamtes begonnen hat. Auf 400 Metern Länge hat dieser nördlich von Achering das Betonkorsett des Flusses aufgebrochen, ein wildes Steinufer ist entstanden, der ein oder andere Baum hat schon den Halt verloren und ist gen Isar hinab gestürzt. Das neueste Kapitel Renaturierung im Landkreis Freising ist gleichzeitig eine Pilotstrecke für die Wasserbaufachleute - hier wird sich zeigen, was die "Reißende" mit ihrer Freiheit anfängt - und ob sie damit endlich davon abzuhalten ist, sich weiter in die Erde einzugraben. Wie es nach der Schneeschmelze hier aussieht, und ob der Weg noch da ist, wo er jetzt ist, kann keiner sagen. "Wir wissen nicht, wie es sich entwickelt, das soll jetzt mal die Isar selbst machen", sagt die Freisinger Flussmeisterin Marion Große-Suedhus, unter deren Regie die Maßnahme stattfand.

Die Abbruchkante des Ufers, zehn Meter hoch über dem Fluss, ist recht nah gerückt an den Weg, den viele Radler und Spaziergänger nutzen. Mit dem Staatsforst, dem die Isarau gehört, ist die Maßnahme natürlich abgestimmt, mit ihm wird sich das Wasserwirtschaftsamt auch an die Planung eines neues Wegstücks machen, wenn es denn so sein soll. Bis jetzt genügt ein Holzzaun. Jeder der Beteiligten weiß, dass die Renaturierung letztlich zum Wohle aller ist. Denn die Isar tieft sich im Bereich um Achering besonders schnell ein, weil der Fluss wegen des engen Betonkorsetts seine Kraft nur in die Tiefe abgeben kann. Das führt dazu, dass die Ufer abbrechen und sich irgendwann auch die Trinkwasserqualität verschlechtern wird. Noch trennen dichte Erdschichten das saubere Trinkwasser aus der Tiefe von dem Oberflächenwasser des Flusses, das mit Resten aus Kläranlagen, Pestiziden und Dünger aus der Landwirtschaft belastet ist. Gräbt sich der Fluss aber immer tiefer, vermischen sich die beiden Wasserschichten und die Trinkwasseraufbereitung würde wesentlich aufwendiger.

Es ist also nicht ganz freiwillig, was die Bagger bei Achering gemacht haben, es wird aber sehr hübsch aussehen, spätestens wenn die gerodeten Büsche nachgewachsen sind: Ein natürlich wirkendes Steilufer, Steinbrocken im Fluss, abgestürzte Bäume, unter deren Äste sich kleine Fische verstecken können. Eigentlich war vorgesehen, auf den 400 Metern Uferrenaturierung alle großen Bäume zu fällen, weil sie ohnehin in Gefahr sind, abzustürzen. Letztlich aber hat Marion Große-Suedhus darauf verzichtet: "Wir haben die alten Bäume sogar mit Resten der Uferbebauung gestützt, weil sie ein wichtiger Lebensraum für Käfer, Fledermäuse und Vögel sind. Jetzt schauen wir mal, wie lange sie stehen."

Weil die 400 Meter natürliches Ufer aber nicht ausreichen, um die Kraft des Flusses zu bändigen, sollen noch in diesem Jahr die ersten Solschwellen eingebaut werden. Insgesamt neun dieser Steinmauern, die unterhalb der Wasserkante liegen, sind zwischen Mintraching in der Gemeinde Neufahrn und der Stadt Freising geplant. Das Prinzip: Das Wasser wird leicht gestaut, läuft links und rechts und gräbt sich direkt hinter der Mauer ein kleines Loch, das ebenfalls als Energiebremse wirkt - und dazu noch von Fischen als Aufenthaltsraum geschätzt wird.

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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