Frauenhaus:Widerspruch und Kritik

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Trägerverein weist Vorwürfe des Landrats zurück

Von Florian Tempel, Erding

Die Angriffe von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) gegen den Sozialdienst katholischer Frauen München (SkF), den Träger der Frauenhauses Erding, dessen ehrenamtliche Mitarbeiterinnen, die hauptamtliche Sozialpädagogin der Interventionsstelle und das Erzbistum München und Freising haben weitere Reaktionen hervorgerufen. In einer ausführlichen Presseerklärung weist der SkF noch einmal Bayerstorfers Kritik zurück. Die Ehrenamtlichen des Frauenhauses nehmen in einem gemeinsamen Brief Stellung. Und der SPD-Kreisvorsitzende Martin Kern fordert, der Landrat "müsste sich öffentlich entschuldigen".

Kern beklagt, es sei "feige", dass Bayerstorfer "seine Sicht der Dinge" am Montag im Kreistag unter "Bekanntgaben" geäußert habe und keine Wortmeldungen von Kreisräten dazu zuließ. Außerdem "beschädigt er nachhaltig die Beziehungen zwischen kirchlichem Träger und Landkreis, rückt die hervorragende Arbeit von Frauenhaus und Interventionsstelle in ein schlechtes Licht und tritt soziales, ehrenamtliches Engagement (. . .) mit Füßen".

Der SkF München weist Bayerstorfers Kritik zurück, die Interventionsstelle sei für das Wenige, was dort geleistet werde, sehr teuer. Die mit einer Halbtagsstelle ausgestattete Sozialpädagogin der Interventionsstelle werde "nach Tarif bezahlt, sie verdient genau so viel wie andere Sozialpädagogen mit gleicher Qualifikation und Berufserfahrung". Zur "umfassenden Beratung" von Opfern häuslicher Gewalt komme "in den meisten Fällen längerfristige Begleitung, auch zu Gerichtsterminen, zum Jobcenter und anderen Behörden". Daneben gehörten die "enge Zusammenarbeit mit der Polizei, dem Amtsgericht, der Staatsanwaltschaft" sowie die Netzwerkarbeit mit Institutionen, Verbänden und Arbeitskreisen dazu. Zum Vorwurf eines angeblich unklaren Umgangs mit Spenden schreibt der SkF, man habe "eine eigene Spendenverwaltung, aus der jederzeit ersichtlich ist, wie die jeweilige einrichtungsgebundene Spende verwendet worden ist"; zum Beispiel für Medikamente, Krankenhauszuzahlungen oder Schulmaterial für Kinder. Weiter heißt es: "Vergangenen Montag hat das Landratsamt zum ersten Mal um eine Aufstellung der Spendeneinnahmen und -ausgaben gebeten. Der SkF wird (. . .) dem Landratsamt eine anonymisierte Aufstellung zusenden."

Die von Bayerstorfer am Montag abgekanzelten 15 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Frauenhauses schreiben: "Wir lehnen es ab, auf dem Niveau, das Herr Landrat Bayerstorfer auf der letzten Kreistagssitzung vorgegeben hat, zu diskutieren. Wir werden uns nicht für unsere Gründe rechtfertigen, uns mit dem Team der Hauptamtlichen solidarisch zu erklären." Bayerstorfer brauche offenbar "unbedingt einen Sündenbock für das Desaster, das er mutwillig und ohne Not angerichtet hat". Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen wenden sich auch an "die CSU-Frauen", von denen sie sich "mehr Solidarität wünschen würden". Ihr Brief endet mit einem bitteren Schlusssatz: "Dieses Haus wurde zum Schutz für Frauen eingerichtet, die von Männern angegriffen und unter Druck gesetzt werden - und es wird von Frauen geführt und betreut, die nun ebenfalls von Männern angegriffen und unter Druck gesetzt werden."

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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