Seit 1. März liegt die Trägerschaft des Frauenhauses Erding in den Händen des BRK- Kreisverbands. Die Übernahme erfolgte geräuscharm, was angesichts der Vorgeschichte fast ein wenig verwundert: Vorausgegangen waren im vergangenen Jahr heftige öffentliche Debatten, nachdem Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) dem bisherigen Träger, dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), eigenmächtig und überraschend gekündigt hatte. Das neue Team besteht aus der Leiterin, der 26-jährigen studierten Sozialarbeiterin Stefanie Tremmel, sowie einer weiteren Sozialarbeiterin und einer Erzieherin. Aktuell leben in der Einrichtung nach Angaben des BRK zwei Frauen und ein Kind.
Der Stellenschlüssel richte sich streng nach den Förderrichtlinien, betont BRK-Kreisgeschäftsführerin Gisela van der Heijden: 1,25 Stellen sind für die Sozialarbeiterinnen Stefanie Tremmel und ihre 25-jährige Kollegin vorgesehen. Die beiden teilen sich zudem die halbe Stelle für die Interventionsstelle - "rollierend" nennt van der Heijden diese Arbeitsteilung, die Interventionsstelle werde auf jeden Fall immer besetzt sein, fügt sie hinzu. Im Vergleich zu der Trägerschaft des SkF ist beim BRK allerdings eine Viertelstelle weggefallen. Die halbe Stelle für die Erzieherin wurde beibehalten.
Noch muss das neue Team ohne ehrenamtliche Unterstützung auskommen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Frauenhauses hatten nach der mehr als umstrittenen Kündigung für den SkF ihren Rückzug erklärt. Nach Angaben von Stefanie Tremmel habe der BRK aber inzwischen circa zehn Anfragen auf dem Tisch. Ob unter den Bewerbern auch Ehemalige sind, darüber konnte Stefanie Tremmel keine Auskunft geben.
Das Frauenhaus hat Platz für fünf Frauen und sieben Kinder. Derzeit sind zwei Frauen und ein Kind untergebracht, berichtet Gisela van der Heijden. Noch feile das Team noch an der Konzeption. Erfahrung mit der Trägerschaft eines Frauenhauses hat das BRK ja bekanntlich bisher in ganz Bayern nicht. Die Erdinger Geschäftsführerin verweist auf die "enge Kooperation mit dem Paritätischen aus Nordrhein-Westfalen". Dieser habe das Handbuch "Richtungswechsel" herausgegeben, das sehr gute Anregungen biete. Ein Punkt ist Stefanie Tremmel ganz wichtig: "Wir wollen den Frauen in ihrem Selbstbewusstsein stärken, Hilfe zur Selbsthilfe geben", sagt die Teamleiterin. Abgesehen davon ist das Team im Moment auch damit beschäftigt, sich in ganz alltagspraktische Dinge einzuarbeiten, wie zum Beispiel die Buchhaltungsbürokratie oder in die Aufstellung des Küchenplans und einer Hausordnung. Seit kurzem hat das Frauenhaus auch eine neue Telefonnummer, die über das BRK-Leitungssystem läuft und so den Frauen den größtmöglichen Schutz der Anonymität bieten soll.
Nach der Kündigung der SkF-Trägerschaft war über die Zukunft der Interventionsstelle spekuliert worden. Dieses Beratungsangebot läuft aber weiter, auch unter der Trägerschaft des BRK. Gerade auch die Polizei hatte das Konzept gelobt: Kommt es bei einem Fall von Gewalt gegen Frauen zu einem Polizeieinsatz, dann melden die Beamten, sofern die Frau dies will, die Daten an die Interventionsstelle weiter. Die Mitarbeiterin setzt sich dann mit der Frau in Verbindung, berät über Hilfsangebote und Unterstützung. Auch Tremmel sieht den Bedarf: "Wir haben gut zu tun." Ausdrücklich lobt sie die Zusammenarbeit mit der Polizeiinspektion Erding.
Stefanie Tremmel war nach der Ausbildung zur Erzieherin zunächst in einem Wohnheim der Lebenshilfe beschäftigt. Während des Studiums der Sozialarbeit hat sie in einem Heim für unbegleitete Flüchtlinge gearbeitet. "Ich war dort mit Menschen involviert, die Traumata und Fluchterfahrung erlebt haben", berichtet sie. Ganz neu ist ihr die Klientel im Frauenhaus, die Schreckliches hinter sich hat, also nicht.
Das Frauenhaus Erding hat ab sofort eine neue Telefonnummer: 08122/976242. Am Dienstag, 20. März, will der BRK-Kreisverband das neue Team in einer Pressekonferenz offiziell vorstellen.