Flüchtlinge:"Wir lernen täglich dazu"

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Arbeitsagentur und IHK wollen mehr Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren

Von Philipp Schmitt, Buch am Buchrain

Wie können die vielen Flüchtlinge und Asylbewerber in den regionalen Arbeitsmarkt integriert werden? Das IHK-Gremium Erding-Freising hat sich im Bucher Gemeindehaus mit diesem Thema befasst und mit Experten der Freisinger Agentur für Arbeit über Integrationsmöglichkeiten diskutiert: "Das Problem mit dem Zustrom der Flüchtlinge hat alle Beteiligten auch in der Region überrannt. Auch wir vom IHK-Gremium haben dazu noch keinen Masterplan in der Tasche", sagte der Vorsitzende des Gremiums Otto Heinz. In Kooperation mit der Arbeitsagentur und der Industrie- und Handelskammer sollen die Rahmenbedingungen für eine berufliche und gesellschaftliche Integration geschaffen werden. Dies sei vor dem Hintergrund unbesetzter Ausbildungsplätze in einigen Branchen und des zunehmenden Fachkräftemangels auch im Sinne der Unternehmer, sagte Heinz.

Michael Schmidt und Harald Brandmaier von der Arbeitsagentur und Florian Kaiser von der IHK berichteten über konkrete Maßnahmen und Modelle: "Es wird für viele Betroffene nicht leicht, Fuß zu fassen, aber wir können die Probleme lösen. Wir kriegen das hin, davon bin ich fest überzeugt", sagte Michael Schmidt. Der Bereichsleiter teilte mit, dass die Instrumente der Agentur nicht für den Zustrom von so vielen Flüchtlingen konzipiert worden seien. Derzeit werde nachjustiert, um mit neuen Programmen und Fördermaßnahmen auf die aktuelle Lage reagieren zu können: "Es ist ein laufender Prozess, wir lernen täglich dazu." Die Herausforderungen seien aber enorm, denn derzeit könne nicht davon ausgegangen werden, dass kurzfristig ein Großteil dieser Menschen ins Berufsleben integriert werden können.

Ohne flankierende Qualifizierungsmaßnahmen werden derzeit nur etwa zehn Prozent der Flüchtlinge vom Arbeitsmarkt absorbiert, um sich aber in einem neuen Land für den Arbeitsmarkt qualifizieren zu können müsse zunächst die Sprache gelernt werden. Die meisten der derzeit 1100 Flüchtlinge im Landkreis Erding und 2000 Schutzsuchenden im Landkreis Freising seien junge Männer im Alter zwischen 16 und 35 Jahren. Zudem gibt es in der Region mehr als 200 unbegleitet eingereiste Jugendliche. Um schnell helfen zu können und Perspektiven aufzuzeigen "muss bei der ganzen Bürokratie ein bisschen die Luft rausgelassen werden", sagte Schmidt. Die Agentur für Arbeit wolle interessierten Unternehmern als "Bürokratielotse" Wege zeigen, wie sie Flüchtlingen ein betriebliches Praktikum oder eine Ausbildungsstelle ermöglichen könnten: "Das Feedback dazu ist bisher sehr gut." Die Agentur sei "breitflächig an Betriebe heran getreten", im Hotel- und Gaststättenbereich wurden schon einige Praktika ermöglicht. Die Unternehmen bräuchten aber mehr Planungssicherheit, schließlich wollen sie keine potenziellen neuen Mitarbeiter mit dem Risiko ausbilden, dass diese nach Prüfung ihres Asylantrags dem Betrieb wieder verloren gehen.

Schmidt teilte dazu mit, dass vor teuren Qualifizierungsmaßnahmen der Agentur so genannte "Bleibeprognosen" bei den Behörden abgefragt werden, zudem sollen Asylverfahren schneller bearbeitet werden: "Man merkt inzwischen bei Flüchtlingen aus Syrien schon, dass die Verfahren schneller voran gehen", auch Menschen aus Eritrea hätten derzeit gute Perspektiven. Harald Brandmaier fügte an, dass derzeit nur etwa 30 Flüchtlinge in der Region eine Ausbildung machen. Er fordert Geduld, um jungen Flüchtlingen eine Ausbildung zu ermöglichen, müssten sie wohl ein bis zwei Jahre zuvor intensiv vorbereitet werden, um den hohen Anforderungen der Betriebe gewachsen zu sein. Florian Kaiser von der IHK berichtete über das "3+2-Modell" unter dem Motto "Ausbilden statt Abschieben", bei dem ausbildungswillige Asylbewerber im Fokus stehen. Es soll jungen Menschen ermöglichen, eine dreijährige Ausbildung ohne Angst vor einer Abschiebung in dieser Zeit zu absolvieren und dann noch zumindest zwei Jahre im erlernten Beruf arbeiten zu dürfen, womit auch für die Unternehmen Planungssicherheit geschaffen werde.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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