Erding:Schnelle Hilfe bei Schlaganfall

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Das Klinikum Landkreis Erding betreibt eine neue Einheit, die dringend benötigt wird. Seit Juli sind sechzig Patienten behandelt worden, die früher in andere Krankenhäuser gebracht wurden

Von Josef Saller

Zufrieden mit dem Start sind Landrat Martin Bayerstorfer, Professor Hans Peter Emslander, Vorstand Sándor Mohácsi, Ricarda Scheiner, Dirk Last, Lorenz Bott-Flügel, Markus Massauer, Johannes Leiss und Gertrud Friess-Ott. (Foto: privat)

"Jeder Dritte von uns wird einmal einen Schlaganfall haben." Die Prognose von Lorenz Bott-Flügel, leitender Oberarzt der Kardiologie am Klinikum Landkreis Erding, fördert wenig Erbauliches zutage. Die Versorgung für Patienten mit Schlaganfall hat sich nun jedoch im Landkreis stark verbessert: Seit Juli betreibt das Klinikum mit dem bayerischen Tempis-Projekt eine eigene Schlaganfall-Einheit. Etwa sechzig Patienten sind dort bereits behandelt worden. "Bis dahin sind wir von den Rettungsdiensten in solchen Fällen einfach nicht angefahren worden", sagt Johannes Leiss, Oberarzt der Abteilung für innere Medizin.

Knapp zwanzig Personen umfasst das Team in der Schlaganfall-Einheit, dazu benötigt das Klinikum jedoch die Unterstützung anderer Standorte, denn am Krankenhaus ist nur eine Neurologin tätig. Zahlreiche Neurologen aus der Umgebung werden daher zur täglichen Visite der Patienten herangezogen, aus Ebersberg, Landshut, Pfarrkirchen oder München. Das erfordert langfristige Planungssicherheit. "Bis April 2014 sind sämtliche Termine verplant", sagt Leiss.

Zwei Faktoren haben sich als besonders wichtig herausgestellt. Zum einen müsse man Kompetenzen und Erfahrungen bündeln, um eine bestmögliche Behandlung gewährleisten zu können. Zum anderen müsse eine schnelle Akutbehandlung gewährleistet sein: Innerhalb von viereinhalb Stunden nach Auftreten der ersten Symptome muss laut Leiss, die stationäre Lysetherapie beginnen, weil sonst die Gefahren den Nutzen übersteigen würden. Ziel der Therapie ist es, Blutgerinnsel aufzulösen, sie sind die häufigsten Auslöser von Schlaganfällen. Die Zusammenarbeit mit Tempis (Telemedizinische Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung) gewährleistet eine 24-stündliche Erreichbarkeit eines spezialisierten Neurologen. Das Tempis-Team aus dem Schlaganfallzentrum München Harlaching und der Universitätsklinik Regensburg berät bereits 15 regionale Kliniken über ein telemedizinisches Netzwerk.

Trifft ein Patient mit Verdacht auf Schlaganfall im Klinikum ein, wird er in ein videoüberwachtes Zimmer gebracht. Die Mediziner aus Regensburg und Harlaching steuert eine hochauflösende Kamera aus der Ferne und untersuchen ihn auf diese Weise telemedizinisch und ordnen die Erkrankung ein. Ebenso ist es möglich, mit dem Patienten über einen Bildschirm zu kommunizieren. Tempis unterzieht die Maßnahmen am Klinikum regelmäßigen Qualitätskontrollen. "Das gehört auch zum hohen Standard, den wir uns setzen", sagt Johannes Leiss.

Dass die Schlaganfall-Einheit in einem separaten Bereich untergebracht wurde, war eine Auflage vom Tempis. Dementsprechend musste auch ein neues Team von Ärzten, Pflegepersonal und Therapeuten aufgestellt werden. Trotz des oft beklagten Mangels an gut ausgebildetem Pflegepersonal habe man jedoch aus mehreren hochqualifizierten Bewerbern auswählen können. Ricarda Scheiner, Pflegeleiterin in der Schlaganfall-Einheit, ist offenkundig zufrieden. "Wir haben sehr gutes und aktives Pflegepersonal."

Durchschnittlich sechs Tage lang bleiben die Patienten in der Schlaganfall-Einheit - so lange bis eine endgültige Behandlung bestimmt wurde. Um möglichst unkomplizierte Abläufe zu ermöglichen, werden Physio-, Ergo-, Bewegungs- und Sprachtherapien direkt auf der Station begonnen. "Unser größtes Ziel ist es, Landzeitbehinderungen früh zu behandeln, um dauerhafte Schäden möglichst gering zu halten", sagt Hans Peter Emslander, Chefarzt der Kardiologie und Pneumologie.

Die Symptome eines Schlaganfalls können vielfältig sein: eine halbseitige Lähmung, Sprach-, Seh-, und Schluckstörungen, Verwirrtheit oder Bewusstseinsverlust. Das Gefährliche sei vor allem, dass der Schlaganfall vom Patienten selbst nicht als solcher erkannt werde, erklärte Sándor Mohácsi, Vorstand des Klinikums. Deshalb sei es auch enorm wichtig, Informationen über den Hergang eines Schlaganfalls nach außen zu tragen. Dann erkennen auch Angehörige die Symptome.

© SZ vom 20.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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