Erding:Magdalena-Festspiele

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Biathletin Neuner wird bei der Auszeichnung mit dem "WinterStar" von Fans und Medien umschwärmt. "Sie ist einach großartig", sagt auch Weißbräu-Chef Werner Brombach.

Matthias Vogel

Es ist Montag Abend, Menschen pressen ihre Nasen an die Fenster der Urweiße-Hütten, die auf dem Schrannenplatz aufgebaut wurde. Die Neugierde ist berechtigt, drinnen überträgt der Bayerische Rundfunk gerade live die Auszeichnung der besten deutschen Wintersportler in der jüngst abgelaufenen Saison zum "WinterStar 2012". Und außer der Sportlerfamilie und den Fernsehleuten darf hier keiner rein. Könnte man den typischen Erdinger - ob nun oberster Verwaltungsangestellter oder Journalist - auf einem Verbotsschild kenntlich machen, hätte der BR sicher ein solches entworfen mit der Aufschrift: "Wir dürfen nicht hinein." Aber auch ohne Beschilderung kommt es heute zu platt gedrückten Nasen und einer müden Horde von Schreiberlingen und Fotografen, die sich in der Gaststätte Weißbräu vor der Leinwand lümmelt und sich die Live-Übertragung ansieht.

Ein bisschen schüchtern war der Nachwuchs der Erding Gladiators, als er neben Magdalena Neuner stand. Deutlich geübter war Moderator Markus Othmer.  Bild: BR/Ralph Wagner. (Foto: Ralph Wagner)

Ein Knabe müsste man sein und dazu bei den Erding Gladiators Eishockey spielen. Dann hätte man bei den Magdalena-Neuner-Festspielen direkt neben dem Star sitzen und Fragen stellen dürfen: "Magdalena Neuner, hast Du..., Magdalena Neuner, warst du schon..., Magdalena Neuner warst Du schon einmal...." Man hätte von Neuner das tolle Kompliment bekommen, einmal andere Fragen gestellt zu haben. Und hätte man dann nicht sogar höchst persönlich wenigstens für ein bisschen Lokal-Anstrich und damit dafür gesorgt, dass die Hütt'n-Sendung nicht auf Grönlands Packeis genauso gut gewesen wäre? Ganz so war es dann freilich nicht, nach der Sendung durften die Journalisten, Bürgermeister und Landräte doch zu den Stars, durften eine halbe Stunde lang Fragen stellen und Bilder knipsen.

Eine Reporterin erhascht ein gemeinsames Bild mit Ski-Legende Markus Wasmeier, das Servus vom Hackl-Schorsch ist - 22 Jahre nach seinem letzten Weltcup-Gesamtsieg - immer noch begehrt und Moderator Markus Othmer strahlt über das ganze Gesicht. "Eine sehr gelungene Sendung", findet er. Weil die Atmosphäre der Urweiße-Hütt'n so gemütlich sei und so viele nominierte Wintersportler den Weg nach Erding gefunden haben. Das zeige, welchen Stellenwert der Award des BR mittlerweile habe. Bleibt noch zu klären, warum Amelie Kober, alpines Snowboard-Ass, im Gegensatz zur Biathlonelite und der Jury nicht in bayerischer Tracht gekommen ist. "Mag ich auch, aber heute habe ich mich für Bogner entschieden", sagt sie. Auch gut. Da vorne steht Werner Brombach, Chef der Privatbrauerei Erdinger Weißbräu. Er ist mitverantwortlich für den Hüttenzauber. Er hat Magdalena Neuner vor den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver zu seiner Werbeträgerin gemacht. Sie avancierte schnell zum Zugpferd seines Teams Alkoholfrei. Brombach hat die BR-Übertragung nach Erding gelotst und Neuner damit aus dem aktiven Sport pompös verabschiedet. Die Zusammenarbeit soll noch nicht enden, Gespräche würden gerade laufen, sagt der Weißbräu-Chef. "Sie ist einfach großartig." Man müsse erst einmal einen Sportler finden, der sich vor der Kamera so ausdrücken könne.

Was sagt Neuner selber dazu? Sie ist weg, hat sich nach vielen Autogrammen und Fotos mit ihren beiden Trophäen, dem üblichen und dem goldenen WinterStar zurückgezogen. Verständlich: Zwei Tage hat sie nicht mehr geschlafen, nach dem letzten Biathlon ihrer sportlichen Laufbahn in Russland ist sie gleich nach Erding gereist. Gewöhnliche Fragen bleiben also unbeantwortet. Aber dank der kleinen Eishockey-Spieler weiß jetzt jeder, der den Bayerischen Rundfunk empfängt, Ungewöhnliches über den Weltstar: Nein, Magdalena Neuner hat kein Haustier, ja, sie hat schon einmal Eishockey gespielt, weiß aber bis heute nicht, warum sie da ins Tor musste und nein, sie kann sich nicht erinnern, jemals in einem Rennen Letzte geworden zu sein.

© SZ vom 21.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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