Dorfen:Glamour-Verzicht

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Die Inszenierung von Cole Porters Musical "Nicht von dieser Welt" im Jakobmayer bleibt hinter den hohen Erwartungen zurück

Von Florian Tempel, Dorfen

Mal etwas anderes, das war die selbst vorgegebene Devise. Andreas Wiedermann und Ernst Bartmann, der Regisseur und der musikalische Leiter der freien Musiktheater-Compagnie Opera Incognita, hatten in den vergangenen vier Jahren schon vier Opern und zwei Operetten im Jakobmayer auf die Bühne gebracht. Nun sollte es, als Erweiterung des Spektrums, unbedingt ein Musical sein: Cole Porters selten gespielte Amphitryon-Version "Nicht von dieser Welt". Die bislang in Dorfen von Opera Incognita professionell produzierten Musiktheater-Inszenierungen waren sehr gelungene Ereignisse. Bei der jüngsten Produktion wurden die Erwartungen leider nicht erfüllt.

Das Publikum war, das vorweg, zu einem großen Teil absolut zufrieden. Der Applaus nach zweieinhalb Stunden "Nicht von dieser Welt" am Samstagabend war beeindruckend kräftig und lang anhaltend. Die Solisten Robert Gregor Kühn (Merkur), Elisabeth Margraf (Chloe/Die Nacht), Martina Mühlpointner (Helen), Markus Alexander Neisser (Art O'Malley/Jupiter), Carolin Ritter (Juno) und Max Hupfer (Niki Skolianos) sowie der aus vielen Einheimischen bestehende Chor durften sich freuen. Waren sie doch alle äußerst motiviert und mit viel Herzblut an die Sache gegangen. Gleiches galt für das von Bartmann vom Flügel aus geleitete Jazz-Orchester, das wie die Darsteller und Sänger auf der Bühne allerdings keinen einfachen Job hatte.

Die Produktionen von Opera Incognita in Dorfen waren und sind stets Wagnisse. Wiedermann und Bartmann versuchen etwas, das fast unmöglich erscheint. Um große Oper in der Kleinstadt möglich zu machen, arrangieren und konzipieren sie Klassiker des Musiktheaters in reduzierter Form. Was sonst an großen Häusern, die aus dem Vollem schöpfen können, gespielt wird, muss in Dorfen mit schmalem Budget in einen kleinen Saal hineinpassen. Wiedermann und Bartmann haben bewiesen, dass das geht. Mit großartigen Sängern, schmal besetzten, aber bewundernswert volltönenden Mini-Orchestern und kluger Regie hat Opera Incognita herrliche Inszenierungen in Dorfen geschaffen.

Bei Cole Porters "Nicht von dieser Welt" stoßen Wiedermann und Bartmann jedoch an ihre Grenzen. Das hat mehrere Gründe. Es beginnt mit der Auswahl des Stücks, das sich als wenig gelungene Adaption des Amphitryon-Stoffs erweist. Verschlimmert wird das obendrein durch die deutsche Fassung, die dem Text jede Subtilität radikal austreibt. Die Verschlankung des originalen Big-Band-Sounds funktioniert ebenfalls nicht so recht. Ohne fette Bläsersätze bleibt die Musik oft kraft- und saftlos und lässt die Sänger zu sehr allein. Ohne jeden Glanz ist leider auch die Bühnenausstattung in Schultheater-Optik. Und: Für den singenden und tanzenden Chor - bei einem Musical von wesentlicher Bedeutung - ist die Bühne schlicht zu klein. Die Regie scheint sich all diesen problematischen Beschränkungen geschlagen gegeben zu haben und lässt das Ganze einfach laufen. Bei so viel Glamour-Verzicht wird aber aus einer erwarteten Musical-Show nur ein provinzielles Singspiel.

Weitere Vorstellungen an diesem Dienstag, 5. Januar, sowie am 24., 28. und 29. Januar. Beginn jeweils 20 Uhr, Einlass 19 Uhr. Karten bei Ticket-Treff Dorfen, Tel. 08081/1393.

© SZ vom 05.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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