Das Projekt wurde mit 626 955 Euro unterstützt:Eine Frage der Kosten

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Das Erdinger Jobcenter kann zwölf Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt integrieren. Das Programm ist erfolgreich, der Mix aus persönlichem Coaching und Lohnkostenzuschüssen ist aber teuer

Von Debora Schießl, Erding

Geschäftsführerin Manja Rohwer vom Jobcenter in Erding ist stolz. Vor zwei Jahren hatte man die Absicht, zwölf Langzeitarbeitslose aus Erding in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dies habe man dank der Europäischen Sozialförderung (ESF) geschafft. "Der Mix aus persönlichem Coaching und Lohnkostenzuschüssen war ausschlaggebend", sagt Rohwer. Nun möchte man das Modell mit eigenem Budget fortführen. Das Bundesprogramm zielt auf Menschen über 35, die seit zwei Jahren arbeitslos sind und keinen verwertbaren Schulabschluss besitzen. Außerdem konnten sich Arbeitslose seit fünf Jahren mit besonderen Vermittlungshemmnissen für eine Intensivförderung qualifizieren. Das Programm in Erding wurde mit 626 955 Euro unterstützt. Bundesweit wurden 333 Jobcenter mit 885 Millionen Euro bezuschusst.

"In unserer wirtschaftsstarken Region findet man normalerweise schnell in den Arbeitsmarkt zurück", sagt Rohwer. Habe man aber keinen Schulabschluss oder gesundheitliche Einschränkungen, könne man auch im Landkreis Erding für lange Zeit arbeitslos bleiben. "Wir betreuen gerade 168 Langzeitarbeitslose, davon qualifizierten sich 50 für die Förderung. Durch das Programm konnten wir zwölf nachhaltig in die Arbeitswelt integrieren", so Rohwer. Damit habe sie das selber gesetzte Ziel erreicht. Birgit Wetzel führt das auf drei Faktoren zurück: "Die Arbeitgeber müssen erst gefunden werden und bedürfen einer Beratung, da die Eingliederung eines Langzeitarbeitslosen gewisse Herausforderungen mit sich bringt. Außerdem müssen sie für anfängliche Minderleistungen entschädigt werden", so Wetzel. Zusätzlich erhielten die Arbeitnehmer ein Coaching.

Hierfür war Psychologin und Businesscoach Andrea Deischl zuständig. "Ich habe zwischen Amt, Arbeitgeber und -nehmer vermittelt. Beim Arbeitseinstieg ergeben sich zahlreiche Probleme - gerade bei so einer derart langen Erwerbslosigkeit", so Deischl. Für die Arbeitnehmer verändere sich der gesamte Alltag, sie müssen neue Kontakte aufrecht erhalten und bekämen eine ganz andere Stellung in ihrer Familie. "Ich war rund um die Uhr erreichbar", sagt Deischl.

Diese Unterstützung nahm Sebastian Huber (Name von der Redaktion geändert) gern in Anspruch. Er ist nach fünf Jahren Arbeitslosigkeit "in den Traumberuf hineingerutscht", sagt er. Das sei ohne intensive Betreuung und Coaching nicht möglich gewesen, da er wegen einer psychischen Erkrankung Probleme habe, den Arbeitsalltag zu bestreiten. Nun unterstützt er den Verein für Prävention, Jugendhilfe und Suchttherapie. "Am Anfang habe ich dort selbst Hilfe gesucht. Später wurde eine geringfügige Beschäftigung daraus", sagt Huber. Da seine Arbeitgeberin, Petra Helsper, seine Sichtweise und Erfahrungswerte schätzt, könne er nun eine Ausbildung zum Arbeitserzieher machen, sagt Helsper.

Bis 2020 werden bestehende Arbeitsverhältnisse drei Jahre lang weiter durch den ESF gefördert. Auch nach Beendigung der Zuschüsse möchte Rohwer das Modell beibehalten. "Wir zahlen das Coaching und den Lohnkostenzuschuss dann aus dem Budget des Jobcenters", so Rohwer. Das sei zwar nicht im gleichen finanziellen Maße möglich, aber die nachhaltige Eingliederung in die Arbeitswelt ist laut Wetzel nur mit einer persönlichen Betreuung möglich. "Es soll menschlich bleiben und die Investition lohnt sich. Der Erfolg gibt uns Recht", sagt Wetzel.

© SZ vom 21.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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