Bei einem Relegationsspiel:Wrestlergriff und Kopfstoß

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Nach unschönen Szenen auf dem Fußballplatz steht der Vater eines Spielers vor Gericht

Von Alexander Kappen, Freising

Relegationsspiele sind im Amateur-Fußball das Salz in der Suppe. Am Ende einer langen Saison entscheidet oft eine einzige Partie über Erfolg oder Misserfolg. Da kochen die Emotionen schon mal hoch. So wie im Juni vergangenen Jahres, als der SV Pulling und der FCA Unterbruck auf dem neutralen Platz in Hohenkammer um einen Startplatz in der Kreisklasse kämpften - man könnte sagen: im wörtlichen Sinne. Die Stimmung war sehr aufgeheizt, und als der Schiedsrichter abpfiff und der 2:1-Erfolg der Pullinger feststand, kam es auf dem Platz zu einer Schubserei und anschließend zu Tumulten, die jetzt das Freisinger Amtsgericht beschäftigt haben.

In deren Verlauf hatte der heute 54-jährige Vater eines Unterbrucker Akteurs dem Pullinger Spielertrainer, 32, mit einem Kopfstoß die Nase gebrochen. Gegen den Strafbefehl wegen Körperverletzung legte der 54-Jährige aus Oberschleißheim Einspruch ein, weshalb der Fall nun am Gericht landete. Nachdem ein Teil der Zeugen vernommen worden war und diese im Wesentlichen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft bestätigt hatten, riet Richter Michael Gelt dem Angeklagten, seinen Einspruch zurückzunehmen. "Das wird nichts", sagte er, woraufhin der 54-Jährige nach Rücksprache mit seinem Verteidiger den Strafbefehl über 120 Tagessätze zu je 40 Euro doch akzeptierte. Er muss jetzt die 4800 Euro zahlen, "und die Sache ist somit erledigt", sagte der Richter.

Der Angeklagte hatte zu Beginn der Verhandlung noch darauf bestanden, den Pullinger Spielertrainer nicht mit dem Kopf und schon gar nicht absichtlich im Gesicht getroffen zu haben. Er habe nur seinen Sohn beschützen wollen, sagte er. Bei einem Gerangel mit einem gegnerischen Spieler sei sein Sohn zu Boden gegangen: "Und dann war mir klar: Wenn er wieder aufsteht, macht er was Unüberlegtes." Deshalb sei er - wie 30 bis 40 andere Leute auch - auf den Platz gestürmt. Er sei in die Menschentraube, die sich um seinen Sohn gebildet hatte, "um ihn da rauszureißen". Dabei müsse er den Pullinger Spielertrainer "wohl mit dem Arm getroffen haben". Er habe ganz sicher niemanden verletzen wollen - "und schon gar nicht den Spielertrainer, der war zum Zeitpunkt des Abpfiffs ja gar nicht mehr auf dem Platz und hatte mit der Situation gar nichts zu tun".

Allerdings lief der bereits ausgewechselte Trainer, wie er selber sagte, dann aufs Feld, "weil sich eine Spielertraube gebildet hat". Mit ausgestreckten Armen habe er die Streitenden auseinander halten wollen. "Und dann war ich weg und bin mit blutender Nase wieder aufgewacht." Was genau passiert sei und wer ihn geschlagen habe, könne er nicht sagen. In jeden Fall erlitt der 32-Jährige durch den Schlag neben der Nasenfraktur auch eine Platzwunde sowie eine Gehirnerschütterung. Und diese stammte, das sagten mehrere Zeugen aus, sehr wohl von einem Kopfstoß.

Ein Schiedsrichterassistent berichtete, dass nach Spielende, als sich die Tumulte entwickelten, "ein Herr in einem weißen T-Shirt" an ihm vorbei gerannt "und auf den Trainer von Pulling los gestürmt" sei. Es habe wie ein Wrestlergriff ausgesehen. Dabei habe der Mann den Spielertrainer mit dem Arm getroffen. Dann habe er wegen der Spielertraube nichts mehr gesehen. Als der Mann im weißen T-Shirt - der Angeklagte trug nach eigener Auskunft an jenem Tag ein solches - flüchtete und die Spieler ihn verfolgten, habe er den Trainer stark blutend am Boden liegen sehen.

Andere Zeugen, die ebenfalls von einem Mann im weißen T-Shirt berichteten, hatten gesehen, dass der Angreifer mit dem Kopf zugestoßen hatte. Einer von ihnen war auch in der Gruppe, die den Mann auf den Parkplatz verfolgte, als dieser abhauen wollte. Er erkenne den Angeklagten "zu 100 Prozent wieder", sagte der Zeuge.

Bleibt zu hoffen, dass sich die Gemüter nun wieder beruhigt haben. Unterbruck belegt in der A-Klasse derzeit Platz zwei - und Pulling ist eine Liga höher nur einen Platz von der Abstiegszone entfernt. Ein Wiedersehen in der Relegation ist nicht ausgeschlossen.

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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