Amtsgericht Erding:Volksverhetzung mit Folgen

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Ein 44-Jähriger schreibt auf Facebook, dass er Flüchtlinge im Konzentrationslager Dachau verbrennen will. Vor Gericht beschwert er sich über die Höhe der Geldstrafe, obwohl er nur die Mindeststrafe erhalten hat

Von Thomas Daller, Erding

Ein 44-jähriger Berufskraftfahrer aus dem Landkreis Erding hat auf seiner öffentlich einsehbaren Facebook-Seite angekündigt, er werde Dachau wieder eröffnen, um dort Flüchtlinge zu verbrennen. Deswegen wurde er wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 2700 Euro verurteilt. Er legte Einspruch gegen diesen Strafbefehl ein, weil er das Strafmaß zu hoch fand. Als man ihm am Amtsgericht Erding deutlich machte, dass er lediglich die Mindeststrafe bekommen habe, zog er seinen Einspruch zurück und akzeptierte widerstrebend den Strafbefehl.

Der Angeklagte hatte sich am 18. März vergangenen Jahres mit einem Bekannten per Facebook über Online-Zeitungsartikel ausgetauscht, in denen über die Flüchtlingsthematik berichtet wurde. Erst bezeichnete er Flüchtlinge als "Schmarotzerpack", das aus Deutschland verschwinden müsse. Einen weiteren Beitrag leitete er mit den Worten ein, "unsere Affen dort oben" seien "nicht sauber". Dann kündigte er an, er werde Dachau wieder aufmachen - "und dann gibt es Fernwärme".

Sein Bekannter, mit dem er sich über Facebook austauschte, reagierte mit kombinierten Bild- und Textnachrichten: Auf dem ersten Bild war Adolf Hitler zu sehen, dazu der Text "es eskaliert wieder". "Es es-"(kaliert) wurde dabei in SS-Runen geschrieben. Ein weiteres Bild war dem Film "Schindlers Liste" entnommen und zeigte einen KZ-Wachmann, der auf Häftlinge schießt. Der Text dazu lautete: "Ob du richtig stehst, siehst du, wenn das Licht ausgeht."

Eine Facebook-Gruppe, die sich mit "Hass im Netz" beschäftigt, war auf diese Postings gestoßen und hatte sie auf einem "Schwarzen Brett" bei Facebook dokumentiert. Ein Journalist aus Trier, der sich beruflich mit diesem Thema beschäftigt, hat diesen Straftatbestand Facebook gemeldet, ohne dass eine Reaktion des Unternehmens erfolgt sei. Dann habe er Strafanzeige erstattet.

Der Angeklagte berief sich darauf, dass diese Postings nur zwischen "meinem Kumpel und mir" stattgefunden hätten. Er habe dabei nicht nachgedacht und niemand damit verletzen wollen. "Und Meinungsfreiheit gibt es auch noch", sagte er trotzig. "Die hat ihre Grenze bei der Volksverhetzung", entgegnete Richter Andreas Wassermann. Darüber hinaus sei diese Facebookseite öffentlich einsehbar gewesen.

Dennoch sei die Strafe zu hart, meinte der Angeklagte. Gegen seinen "Kumpel" sei das Verfahren eingestellt worden. Und er hätte auch einen Strafbefehl akzeptiert, wenn er 500 Euro zahlen hätte müssen, aber 2700 Euro seien zu viel. Er sei ohnehin schon am Boden: Seine Lebensgefährtin habe ihn wegen dieses Vorfalls vor die Tür gesetzt. Er wohne nun bei seiner Schwester, sei finanziell am Ende und müsse auch noch für seine beiden Kinder Unterhalt zahlen. Darüber hinaus sei er nicht fremdenfeindlich: Er habe türkische und serbische Freunde und mit rechtsradikalen Gruppierungen nichts zu tun.

Richter Wassermann erläuterte ihm, dass der Sachverhalt der Volksverhetzung dennoch gegeben sei. Und dafür sehe der Gesetzgeber eine Mindeststrafe von drei Monaten beziehungsweise 90 Tagessätzen vor. Abzüglich seiner Unterhaltsverpflichtungen habe man bei ihm einen Tagessatz von 30 Euro zugrunde gelegt. Bei 90 Tagessätzen ergebe das 2700 Euro. Da jedoch der tatsächliche Nettoverdienst des Angeklagten höher sei als angenommen, müsse er bei einer Verurteilung vor Gericht sogar mit einer noch höheren Geldstrafe rechnen. Wassermann empfahl daher dem Angeklagten, der ohne Verteidiger erschienen war, seinen Einspruch zurückzuziehen. Der Angeklagte willigte ein, man einigte sich auf Ratenzahlungen.

© SZ vom 18.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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