Amtsgericht Erding:Strittige Morddrohung

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Zeuge knickt ein: Angeklagter wird freigesprochen

Von Thomas Daller, Erding

"Wenn du deine Anzeige nicht wieder zurückziehst, kann die Rechtsmedizin deine Teile wieder zusammenflicken." Mit diesen Worten soll ein 26-jähriger Grafinger vor einer Pizzeria im Westen des Landkreises Erding einem 42-jährigen Aushilfskellner gedroht haben. Nun stand er wegen dieser Sache vor dem Amtsgericht. Für den Angeklagten war das eine brenzlige Sache, weil er unter offener Bewährung stand. Weil der Kellner als Hauptbelastungszeuge einknickte, wurde der Grafinger freigesprochen.

Richterin Sabine Schmaunz konfrontierte den Angeklagten zum Prozessauftakt mit der Anschuldigung, dass es sich bei diesem Satz um eine Morddrohung gehandelt habe. Doch der Grafinger bestritt den Vorwurf: "Das stimmt nicht." Er sei fast jeden Tag in dieser Pizzeria zu Gast gewesen und es habe ihm Spaß gemacht, diesen Aushilfskellner zu "veräppeln": "Wir waren keine Freunde", räumte er ein. Aber die Scherze, die er mit dem Kellner getrieben habe, seien "nicht schwer wiegend" gewesen. Allerdings bezogen sie sich nicht nur auf die Gasträume. Ein paar Tage vor dieser Drohung soll der Angeklagte zusammen mit Freunden den Kellner nach Feierabend auf der Straße "geschnitten" haben, als dieser mit dem Moped nach Hause fuhr. Danach hätten sie ihn auch noch Zuhause abgepasst, um ihn zu "verarschen". Deswegen zeigte sie der Kellner wegen Hausfriedensbruchs an.

Als der Angeklagte von der Anzeige hörte, wurde ihm mulmig, weil er sich wegen der offenen Bewährung nichts erlauben durfte. Als die beiden Tage später zeitgleich vor die Pizzeria zum Rauchen gingen, soll dann die Drohung gefallen sein. Der Grafinger betonte jedoch, er habe nur gesagt, der Kellner solle "aufpassen mit solchen Anschuldigungen": Wenn er nicht unter Bewährung stehen würde, würde er ihn verprügeln. Seine Rechtsanwältin monierte, das sei keine Drohung, denn ihr Mandant habe damit angekündigt, dass er den Kellner nicht verprügeln werde. Darüber hinaus habe er sich am nächsten Tag entschuldigt und man habe den Streit endgültig beigelegt. Richterin Schmaunz hakte beim Angeklagten nach, wofür er sich entschuldigt habe, wenn er ihm gar nicht gedroht habe. "Für die Tratzereien. Ich hab gesagt, ich lass dich in Ruhe, du mich und dann ist der Kas bissen."

Der Kellner, der als Zeuge geladen war, bestätigte die Aussage des Angeklagten: Er habe gesagt, er würde ihn zusammenschlagen, wenn er nicht unter Bewährung stünde. Dabei habe er auf den Tisch geschlagen. Richterin Schmaunz hielt ihm daraufhin den Wortlaut des Polizeiprotokolls vor, als er Anzeige erstattet hatte. Ob der Angeklagte die Worte "Rechtsmedizin" und "Teile zusammenflicken" benutzt habe, erkundigte sie sich. Daran könne er sich nicht mehr erinnern, so der Zeuge. Das sei ja fast ein dreiviertel Jahr her. Ein weiterer Zeuge, ebenfalls eine Aushilfe in der Pizzeria, war ebenfalls beim Rauchen vor der Tür gewesen und hatte Teile des Streits mitgehört. Eine "massive Bedrohung" sei das jedoch nicht gewesen, sagte er aus. Er zweifele vielmehr an der Glaubwürdigkeit seines Kollegen: "Der ist ein bisschen komisch und widersprüchlich." Das sei auch der Grund, warum ihn der Angeklagte und dessen Freunde "verarscht" hätten. Schmaunz sprach den Angeklagten frei: Die Äußerungen hätten sich nicht bestätigt.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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