Amtsgericht Erding:Streit unter Ehepaaren eskaliert

Lesezeit: 2 min

Mann mit Partnerin wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Nach zwei Stunden wird Verfahren eingestellt

Von Regina Bluhme, Erding

Wegen gemeinsamer gefährlicher Körperverletzung stand ein Ehepaar vor dem Amtsgericht Erding. Die 27-Jährige und der 26-Jährige sollen am 27. Mai vergangenen Jahres in der Asylunterkunft Lindum eine Landsmännin aus Syrien nach einem Streit geschlagen und getreten haben. Das Paar bestritt alle Vorwürfe und sah sich selbst als Opfer der Auseinandersetzung. Nach gut zweistündiger Verhandlung war der genaue Vorgang immer noch nicht geklärt. Die Verhandlung endete mit der Einstellung des Verfahrens. Der 26-Jährige muss 60 Stunden Sozialarbeit, verteilt auf sechs Monate, ableisten.

Das Paar, das als Berufsbezeichnung jeweils Student angab und mittlerweile in Wartenberg lebt, war mit seinem kleinen Sohn erschienen. Bevor es mit der Verhandlung los gehen konnte, musste Richter Andreas Wassermann eine Kinderbetreuung organisieren. Die gibt es am Amtsgericht, und nachdem Wassermann dem Buben vier Matchbox-Autos vom Richtertisch als Leihgabe überreicht hatte, erschien eine Angestellte des Gerichts mit Spielsachen im Arm und nahm den circa Zweijährigen mit in einen Nebenraum.

Laut Anklage soll es am 27. Mai um 20.20 Uhr in der Küche der Flüchtlingsunterkunft zu einem "verbalen Streit" zwischen den beiden Frauen gekommen sein. Dann soll der Ehemann der 27-Jährigen dazugekommen sein, beiden hätten dann die Syrerin angegriffen. Der Mann soll sie mit dem Fuß in den Unterleib getreten, an den Haaren gezogen und mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Seine Ehefrau soll die Frau ebenfalls an den Haaren gezogen und geschlagen haben. Das Ehepaar stand deswegen wegen gemeinsamer gefährlicher Körperverletzung vor dem Richter. Der 26-Jährige war zudem wegen vorsätzlicher Körperverletzung angeklagt.

Vor Gericht schilderten die beiden mit Hilfe eines Dolmetschers ihre Sicht der Dinge. Sie betonten, dass am 27. Mai der Ramadan begonnen habe, "alle sind in der Küche gewesen und haben Essen vorbereitet", so der 26-Jährige. Es habe von Anfang Probleme zwischen den beiden Frauen gegeben, sagte er. Sie seien in Streit geraten, er sei hinzugekommen und seinerseits in eine Rangelei mit dem Ehemann des Opfers geraten "Er hat angefangen", betonte der Angeklagte. Die 27-Jährige wiederum sagte, dass sie die ganze Zeit ihren Sohn auf dem Arm getragen habe, sie habe also gar nicht zuschlagen können. Das Opfer sagte aus, dass sie an den Haaren gezogen worden sei, bis sie geblutet habe, dass sie auf den Kopf und mit der Faust ins Gesicht geschlagen worden und schließlich von dem Mann in den Unterleib getreten worden sei. Die Frau habe sie am Fuß festgehalten und auch geschlagen.

Ebenfalls im Geschehen: Der Ehemann des Opfers.

Die Polizeibeamten im Zeugenstand konnten nicht viel dazu sagen. Sie hätten versucht, sich einen Überblick zu verschaffen, es habe mehrere Versionen über den Tathergang gegeben. Die beiden ehemaligen Mitbewohnerinnen der Unterkunft bezeugten zwar Tätlichkeiten durch die beiden Angeklagten. Aber was sich letztendlich genau in der Küche abgespielt hat, wer zuerst zugehauen oder wer wen geschlagen hat, wie die Angriffe erfolgten und welche Verletzungen draus resultierten, das ließ sich auch nach zwei Stunden nicht mit absoluter Sicherheit klären - und draußen warteten noch zwei weitere Zeugen.

Nach kurzer Absprache mit der Staatsanwältin stellte Richter Wassermann den Angeklagten die Einstellung des Verfahrens in Aussicht. Gegen die Frau werde wegen Geringfügigkeit der Schuld keine Auflage verhängt, der Mann müsse 60 Stunden Sozialarbeit leisten oder eine Geldauflage zahlen. Die Staatsanwältin betonte, dass immerhin zwei Mitbewohner aus der Unterkunft die Angriffe auf die Frau bezeugt hatten. Sollten die beiden also auf der Weiterführung der Verhandlung bestehen, könnte am Schluss auch eine Verurteilung kommen, ergänzte Wassermann. Das Ehepaar erklärte sich mit der Einstellung einverstanden. "Geld können wir nicht zahlen", erklärte der Mann, und so wird er in den nächsten sechs Monaten insgesamt 60 Stunden gemeinnützige Arbeit in einer Einrichtung im Landkreis leisten.

© SZ vom 02.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: