"Ein pfundiger Kerl":Luft-Nummer

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Nicht unbedingt seine Stamm-Elf, aber auf dem Weg zur Verleihung des Karl-Valentin-Ordens unumgänglich: Der Münchner Fußball-Weltmeister Phlipp Lahm am Samstag im Deutschen Theater bei der Narrhalla-Gala, inmitten von Gardemädchen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Münchens Faschingsgesellschaft Narrhalla vergibt im 125. Jahr ihres Bestehens den Karl-Valentin-Orden an Philipp Lahm. Laudator Christian Ude fragt sich, warum diese Auszeichnung nicht längst auch an andere Fußballer gegangen ist

Von Tom Soyer

Wie eine richtige Spaßkanone sieht er am Samstagabend zwischen den glamourösen Gardemädchen nicht aus in seinem dezenten dunklen Anzug, eher wie ein Firmling. Vom ehemaligen Kapitän der deutschen Fußballnationalmannschaft sind auch eher nicht so viele Schenkelklopfer-Sprüche überliefert. Man solle sich bloß nicht täuschen, warnt Laudator Christian Ude bei der Narrhalla-Gala im Deutschen Theater: Der Karl-Valentin-Orden 2018 für Philipp Lahm sei sogar ihm "als einem Blauen" - also einem Sechzger-Fan - absolut sympathisch, weil Lahm sehr wohl zur Riege der Fußball-Komiker gehöre, und außerdem "ein pfundiger Kerl ist" wegen seines sozialen Engagements für Kinder, gegen Rassismus und gegen Homophobie.

Natürlich hat die Münchner Faschingsgesellschaft Narrhalla, die mit der Gala zugleich ihr 125-jähriges Bestehen feiert, schon auch was Lustiges von Lahm hervorgekramt - musste sie ja, weil es den Valentin-Orden nur für öffentliche Äußerungen oder Handlungen gibt, die "humorvollst beziehungsweise hintergründigst im Sinne von Karl Valentin" sind. Bei einem ob der Hitze umstrittenen Fußball-Länderspiel gegen die Vereinigten Arabischen Emirate am 2. Juni 2009 sagte der Nationalelf-Kapitän in die Mikrofone: "Die meiste Luft hatte der Ball." Das, so Ude, "hat etwas von Witz und Aufsässigkeit, die mir gefällt" - und es war ja auch eine hinterkünftige Grußadresse an die DFB-Oberen, damals.

Oft sei die Wahl der Ordensträger in der Vergangenheit verspottet worden, sagt Ude, und auch er, der den Valentins-Orden seit 1999 hat, gestehe, insgeheim nicht immer mit den Trägern glücklich gewesen zu sein. Doch er habe dazugelernt, und das vor allem an zwei Beispielen: Joseph Kardinal Ratzinger, der spätere Papst, erhielt die Narrhalla-Auszeichnung 1989, Edmund Stoiber 1996. Als er, Ude, mal beim damaligen Chef der katholischen Glaubenskongregation Ratzinger zu Gast im Vatikan gewesen sei, habe er den Gesprächseinstieg mit dem Hinweis versucht, sie beide seien ja "Ordensbrüder". Ratzinger habe die Anspielung sofort begriffen - und in seinem Amtszimmer, ehedem Sitz der Heiligen Inquisition, auswendig einen Valentin-Sketch vorgespielt, bei der er selbst mit variierender Stimme alle Rollen gesprochen habe. Ude: "Was hätte ich dafür gegeben, wenn ich das damals schon mit einem Handy hätte filmen können!" Ratzinger sei stolz auf diesen Orden gewesen, und nah bei dem grandiosen Münchner Künstler. Und Stoiber? "Aktenfresser, aber kein Scherzkeks?" Tja, mit seiner Transrapid-Nummer sei der doch zum Youtube-Star geworden, weshalb Ude auch da sein Naserümpfen öffentlich zurücknimmt.

Die Narrhalla mache es also schon richtig, wenn sie Philipp Lahm auszeichne. Es sei im Gegenteil zu fragen, warum Fußballer erst jetzt mit diesem Orden bedacht würden, wo es doch im Fußball viel Humoriges gebe. Von Lothar Matthäus etwa: "Wir dürfen jetzt nicht den Sand in den Kopf stecken". Das sei "valentinesk in Reinform". Oder Franz Beckenbauers Spruch "es gibt im Fußball immer zwei Möglichkeiten, Sieg, Niederlage oder Unentschieden". Oder Jürgen Wegmann mit "erst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu", und schließlich Andi Möllers "Mailand oder Madrid - Hauptsache Italien". Lahm, der Narrhalla-kompatibel am 11.11. geboren sei in München, habe sich da 2016 gut eingereiht: "Man muss nicht immer das Salz in der Suppe suchen" hat er nach einem 2:2 der Bayern gegen Benfica Lissabon gesagt.

Lahm, bei der Gala begleitet von seinem Manager Roman Grill, lächelt alles weg und bedankt sich artig "für die schönste Auszeichnung in diesem Jahr". Pause. "Okay, wir haben erst Januar . . .". "A supersympathischer Sportler halt", mit Bodenhaftung, lobt Sebastian Schröder. Der feiert die Narrhalla-Gala mit, wenn er auch nicht jede Ordensvergabe in der Vergangenheit prickelnd fand, gibt er der aktuellen Wahl aber gerne das Familien-Placet: Schröder ist Karl Valentins Ur-Ur-Enkel.

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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