Edith von Welser-Ude wird 70:Wir sind Oberbürgermeister

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Sie liebt den majestätischen Plural und ist bei manchem Sozi gefürchtet: Edith von Welser-Ude wird 70 Jahre alt.

Jan Bielicki

Die bayerische Gemeindeordnung sieht das Amt nicht vor. Ganz im Gegenteil galt noch bis vor kurzem: Wer den Ersten Bürgermeister heiratet, fliegt - wenigstens in kleineren Kommunen - raus aus dem Gemeinderat. Eine Bürgermeistersgattin hatte sich herauszuhalten aus der Gemeindepolitik. Das hat Edith von Welser-Ude nie getan. Die Ehefrau von Oberbürgermeister Christian Ude hat die Stadt immer ein bisschen mitregiert, sogar länger als ihr Gatte.

Feiert 70. Geburtstag: Edith von Welser-Ude, hier gemeinsam mit ihrem Mann Christian Ude. (Foto: Foto: Hess)

Natürlich ist es unausweichlich, dass dem Ehepartner eines politischen Amtsträgers von Bedeutung eine mehr oder weniger politische Rolle zufällt, die mehr oder weniger freudig anzunehmen der Trauschein verpflichtet. "Einen zweiten, unbezahlten Beruf" habe sie da an der Seite ihres Mannes, hat Edith von Welser-Ude einmal gesagt.

Der Job, sogar in emanzipatorischen Zeiten immer noch allzu oft First Lady genannt, lässt sich freilich auf mancherlei Weise ausfüllen. Das traditionelle Rollenmuster sieht in der Politikergemahlin (ganz selten: im Politikerinnengemahl) ein eher dekoratives, die Familienwerte verkörperndes Element, vor allem dazu da, bei Besuchen auswärtiger Würdenträger/innen mit deren Gatten/Gattinnen das sogenannte Damenprogramm durchzustehen. Dann gibt es den modernen Ansatz, das politisch-öffentliche Leben des einen Partners strikt von der Biographie des anderen zu trennen, wie es etwa die Paare Merkel/Sauer (sie Kanzlerin, er Wissenschaftler) oder Beckstein (sie Lehrerin, er Ex-Ministerpräsident) praktizieren.

Schließlich sind da noch jene Power-Paare, von denen die Wähler einen Partner ins Amt holen und den zweiten dazubekommen - jemanden also, dem nicht der Amtseid, sondern der Eheschwur gewichtigen Einfluss auf die Geschicke eines Gemeinwesens verschafft.

Dass auch Edith von Welser-Ude nicht bloß die repräsentative Seite des Oberbürgermeisterpaares Ude verkörpert, wird jedem schnell klar, der sie neben ihrem Mann sieht. Und sie ist oft dabei, nicht nur wenn der OB öffentlich auftritt, sondern eben auch in den kleineren, kungeligeren Runden, bei denen es ums politisch Eingemachte geht. Einmal hat sie in so einem Hintergrundgespräch mit Journalisten vor Jahren das Selbstverständnis des Paares in einem aufschlussreichen Wort verraten: "Wir", hat sie gesagt, "wir treten 2008 nicht mehr an."

Sie haben dann doch noch einmal bei der OB-Wahl kandidiert. Zwar stand nur Christian Udes Name auf dem Stimmzettel, doch der majestätische Plural ließ keinen Zweifel daran, dass hier zwei gemeinsame Sache machen. Sie gilt als engste, auch politische Beraterin des Oberbürgermeisters.

Für verbürgt halten viele Rathaus-Sozialdemokraten, dass manche der unter Parteifreunden bisweilen gefürchteten einsamen Entscheidungen des OB eher zweisam in dessen Schwabinger Haus getroffen wurden - vor einem Jahr etwa, als der OB die bis dahin in der Partei unbekannte Inci Sieber auf die Stadtratsliste drückte. "Ja, die Edith", seufzt ein einflussreicher Sozi, sei eine durchaus ernst zu nehmende Instanz im Machtgefüge der Münchner SPD.

Gerade im Schwabinger Milieu, in der Künstlerszene und unter Frauen hat sie Netzwerke gestrickt, die sie nutzen kann - ob sie die prominenten Freundinnen, die bei ihr regelmäßig zum legendären "Weiberfrühstück" zusammenkommen, zu sich ins TV-Kochstudio eines Lokalsenders holt oder für eine Wählerinitiative einspannt. Allerdings haben sich längst Legenden über ihren Einfluss auf städtische Personalien gebildet: Die Wahl der später so ungeliebten Kulturreferentin Lydia Hartl etwa ging nicht auf Welser-Udes Frauenzirkel zurück.

Sie ist in München auch deshalb so gut vernetzt, weil sie eine eigenständige politische Karriere hatte - und zwar bevor die ihres mehr als acht Jahre jüngeren Mannes richtig begann. In Kiel als Tochter eines Marinesoldaten wenige Monate vor Beginn des Zweiten Weltkrieges geboren, wuchs sie in Baden-Württemberg auf.

Früh verheiratet zog sie nach dem Abitur sechs Kinder groß und kam so in Konflikt mit dem bayerischen Schulsystem - was sie in Elternbeiräte führte, in die SPD und in den Bezirksausschuss. Während Christian Ude, den sie 1983 nach zehn Jahren "gschlampertem Verhältnis" (Welser-Ude) heiratete, von seinem OB-Vorgänger Georg Kronawitter als "Wunschnachfolger" aufgebaut wurde, aber kein politisches Mandat hatte, arbeitete sie zwölf Jahre im Stadtrat - in vorderster Reihe: Sie war stellvertretende Chefin der SPD-Fraktion und galt gar als mögliche Bürgermeisterin.

Den Bürgermeisterposten und ihre Amtskette bekam ihr Mann, als er 1990 in den Stadtrat einrückte. Dass sie selbst damals nicht mehr kandidierte, habe mit dem Aufstieg des Gatten aber nichts zu tun gehabt: "Ich wollte mit meinem Leben noch etwas anderes tun." Sie arbeitet seither als freie Fotografin. Und als Oberbürgermeistersgattin. Mit 200 Gästen feiert sie heute ihren 70. Geburtstag.

© SZ vom 12.01.2009/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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