Weit entfernt von der sozialen "Hängematte":Hauptsache Arbeit

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Flüchtlinge sind oft gut ausgebildet und wollen vor allem eines nicht: untätig herumsitzen. Richtige Jobs sind aber erst nach drei Monaten möglich. Deshalb sind auch gemeinnützige Beschäftigungen begehrt.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Nur untätig herumzusitzen, darauf haben die meisten Flüchtlinge, die ihre vorübergehende neue Heimat im Landkreis gefunden haben, absolut keine Lust: Jobs sind heiß begehrt. Weil aber richtige Arbeitsverhältnisse erst nach einer Aufenthaltsdauer von drei Monaten erlaubt sind, halten sich viele zunächst an gemeinnützige Beschäftigungen - bei Kirchen, Gemeinden oder Behörden. Die Vergütung beträgt 1,05 Euro pro Stunde, die Nachfrage nach solchen Jobs ist deutlich größer als das Angebot.

Nach Angaben von Marion Wolinski, der zuständigen Sachgebietsleiterin im Landratsamt, können monatlich zwischen 50 und 60 gemeinnützige Jobs besetzt werden. Die Hilfe der Flüchtlinge wird dabei unterschiedlich lang in Anspruch genommen. Manchmal sind sie nur einige Stunden im Einsatz, manchmal auch mehrere Wochen.

Die Palette der Arbeiten ist vielfältig, wie Wolinski erläutert: Am Bauhof oder Wertstoffhof arbeiten Flüchtlinge inzwischen ebenso wie als Helfer in Schulen, bei der Lebensmittelausgabe von Tafeln, als Verkehrshelfer, in der Stadtbibliothek, im Stadtarchiv und im Landratsamt. Die Erfahrungen seien sehr gut, heißt es aus dem Landratsamt, auch die Rückmeldungen von den Einsatzstellen seien positiv. Viele Asylbewerber gehen dabei aber leer aus, die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse ist begrenzt. Oft würden Flüchtlinge auch gern länger arbeiten als sie benötigt würden, so Wolinski.

Etwas einfacher wird die Situation, wenn die Flüchtlinge bereits drei Monate im Land sind: Dann dürfen sie auch normale Jobs annehmen - eine Möglichkeit, die gern genutzt wird, wie Elisabeth Stanglmeier sagt, die in Anzing die Asylbewerber betreut, die dort im alten Forsthaus untergebracht sind. "Alle wollen Arbeit, sie nehmen auch jeden Job, den sie kriegen können", betont sie. Und die Arbeitgeber seien sehr aufgeschlossen: "Da ist eine große Offenheit da. Alle, die ich bisher gefragt habe, waren sehr freundlich." Nicht alle könnten tatsächlich dann auch eine Arbeitsstelle anbieten, ein Problem seien oft die mangelnden Sprachkenntnisse der Flüchtlinge. Doch oft klappt es auch: Fast alle der 20 Anzinger Flüchtlinge haben inzwischen einen Job. Einige arbeiten als Küchenhelfer, andere in Gartenbaubetrieben oder in einem Schnellrestaurant. Einer der jungen Eritreer, der in seiner Heimat bereits ein Universitätsstudium absolviert hat, hat einen Teilzeitjob in einem chemischen Labor gefunden. Ein junger Mann absolviert ein Praktikum im Pflegeheim - Elisabeth Stanglmeier hofft, dass ihm vielleicht sogar eine Ausbildungsstelle in diesem Bereich vermittelt werden kann. Wichtig sei, dass die Stellen mit dem Fahrrad erreichbar seien, damit die Flüchtlinge nicht auch noch viel Geld für die Anfahrt ausgeben müssten.

Dass Flüchtlinge sich wünschen, so schnell wie möglich Arbeitsverhältnisse aufzunehmen, bestätigt auch Hermann Schmidbartl, Geschäftsführer des Ebersberger Jobcenters: "Wirklich alle haben ein großes Interesse daran, endlich selbst Geld zu verdienen." Er und seine Mitarbeiter können freilich erst dann vermitteln, wenn die Flüchtlinge bereits anerkannt sind, dies ist derzeit bei Syrern am schnellsten der Fall. Etwa 60 bis 80 Flüchtlinge habe man in den vergangenen Monaten betreut, erläutert Schmidbartl.

Den Einstieg schaffen die meisten Flüchtlinge in ungelernten Jobs - auch dann, wenn sie in ihren Heimatländern eigentlich längst Ausbildungen absolviert haben und hoch qualifiziert sind. Sogar einen Arzt hat das Jobcenter derzeit in seiner Kartei. Doch in diesen Fällen können die Menschen erst in ihren erlernten Berufen tätig werden, wenn sie die entsprechenden Anerkennungen hätten, sagt der Chef des Ebersberger Jobcenters: "Man kann nicht früh genug beginnen, sich darum zu kümmern."

© SZ vom 14.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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