Wahl:Hier soll der Name Programm sein

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Die Kleinpartei "Demokratie in Bewegung" wurde neu gegründet. Auf ihrer Liste für die Bundestagswahl stehen unter anderem zwei Politiker aus dem Landkreis. Maximilian Glasneck und Tobias Ametsbichler überzeugt das Konzept

Von Konstantin Schätz, Grafing/Glonn

Eigentlich soll der Wahl-O-Mat unentschlossenen Wählern bei der Entscheidung helfen, wo sie am 24. September ihr Kreuz setzen. Nachdem man sich durch einen Fragenkatalog gearbeitet hat, muss man sich für acht Parteien entscheiden, bei denen die eigenen Standpunkte mit den Wahlprogrammen verglichen werden. Oft wählt man dann Parteien aus, die man eh schon kennt. Es gibt aber auch viele, von denen manch einer noch nie etwas gehört haben dürfte - und die durchaus Überraschungspotenzial haben.

Eine davon ist die Kleinpartei "Demokratie in Bewegung" (DIB), die erst im April in Berlin gegründet wurde. Auch dort kann man bei der Bundestagswahl sein Kreuz setzen. Deren Vorsitzender im bayerischen Landesverband ist Maximilian Glasneck aus Grafing. Er besetzt auf der Landesliste für die Bundestagswahl Platz zwei. Er erzählt, dass es bereits erhebliche Resonanz auf DIB gibt. "Seit der Wahl-O-Mat online ist, kriegen wir haufenweise E-Mails", sagt er. "Ich beantworte dann die letzten 20 und in der gleichen Zeit kommen 30 neue an."

Tobias Ametsbichler aus Glonn kandidiert für "Demokratie in Bewegung". (Foto: privat)

Der 27-jährige Grafinger ist durch ein Interview mit dem Parteivorsitzenden Alexander Piltsch auf DIB aufmerksam geworden. "Eigentlich hatte er mich ab dem ersten Moment", erklärt der Fachwirt für Gesundheit und Soziales. DIB vertritt viele Standpunkte, die sich auch in den Wahlprogrammen der Grünen, der Linken und der SPD wiederfinden. So fordert die Demokratie in Bewegung ebenso wie die Linken einen Mindestlohn von zwölf Euro, und eine Rentenversicherung, in die alle einzahlen. DIB will die Verstrickung zwischen Politikern und großen Konzernen unterbinden und spricht sich wie die Grünen für eine Emissionsabgabe aus. Auch soziale Gerechtigkeit haben sie in ihrem Programm bedacht - ein Thema, mit dem SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz auf Stimmenfang geht. Den im DIB-Programm enthaltene Slogan: "Weiter so ist keine Lösung", könnte man auch anderen (Klein)parteien zuordnen. Etwa den "Urbanen", der "V-Partei³" oder der "Bergpartei".

Warum DIB? "Wir haben festgestellt, dass die Personen, die sich für uns interessieren, meist von den Parteien, die sie die Jahre davor unterstützt haben, enttäuscht sind", sagt Glasneck. An den mittlerweile 250 Parteimitgliedern sei dies ebenfalls zu erkennen: "Wir haben beispielsweise eine Politikerin, die davor bei den Piraten war", sagt Glasneck. Aber auch eine ehemalige Kreisvorsitzende der Linken, einen Ex-FDP-Politiker und ehemalige SPD-Mitglieder wie etwa Tobias Ametsbichler aus Glonn kann man in ihren Reihen finden.

Der Grafinger Maximilian Glasneck sagt, dass "Demokratie in Bewegung" mittlerweile 250 Parteimitglieder habe. (Foto: privat)

Der 47-Jährige Ametsbichler ist ebenfalls auf der DIB-Landesliste vertreten, er ist an Stelle acht zu finden. Warum er sich für DIB interessiert? Ihn überzeuge das Konzept sagt er, wonach hier Demokratie wieder großgeschrieben wird - der Name soll also Programm sein: "Jeder kann mitmachen, wir grenzen niemanden aus", sagt er. "Man kann sich beteiligen, wenn man nicht wahlberechtigt ist." Auch Personen, die aus anderen Parteien dürfen Ideen einbringen, heißt es. "Wir setzen uns dafür ein, dass alle eine Stimme haben, und das nicht einmal alle vier Jahre an der Wahlurne, sondern täglich", heißt es auf der DIB-Homepage. Wie das funktionieren soll, erklärt Ametsbichler so: "Bürger - wir nennen sie Beweger - können Vorschläge auf unserem Marktplatz der Ideen hochladen. Diese werden dann ausgiebig diskutiert."

Nicht jeder Vorschlag habe ihm gefallen, sagt Ametsbichler, so wie das in einer Demokratie ist. "Wir haben uns mittlerweile mit über 100 Initiativen beschäftigt und an unserem zweiten Parteitag in Köln 84 verabschiedet", erklärt der 47-jährige. Mit 18 war er der SPD beigetreten, verließ sie aber einige Jahre später wieder. Der Grund: "Es war einfach keine Mitmachpartei. Man richtet sich nach dem Parteiprogramm. Die Beteiligung kommt zu kurz."

Angst, die DIB könne sich - beispielsweise in seiner liberalen Einstellung gegenüber Flüchtlingen - ändern, wenn viele an den Diskursen teilnehmen würden, die eine andere Ansicht haben, hat Ametsbichler nicht: "Wir treten ja in Diskurs. Man muss weg von dieser Friss-oder-Stirb-Taktik, die es derzeit in der Politik gibt und ich bin da durchaus zuversichtlich, dass sich viel mit Argumenten regeln lassen würde."

Dennoch hat die DIB innerhalb der Partei Regeln aufgestellt: "Wir haben beispielsweise unsere Listenplätze streng nach dem Vielfaltsprinzip vergeben", sagt Ametsbichler. Auch bei dem Thema Spenden habe die junge Partei eine klare Haltung: "Wir nehmen keine Spenden an! Wir haben eine gegenteilige Haltung wie andere Parteien". Außerdem haben die Mandatsträger der DIB einen Ehrenkodex unterschrieben, der sie verpflichtet, Nebeneinkünfte öffentlich zu machen.

© SZ vom 15.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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