Stimmungsbild:Ebersberger Jusos stellen sich gegen eine große Koalition

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Ein Juso (Symbolfoto). (Foto: Friso Gentsch/dpa)

Andere SPD-Genossen aus dem Landkreis mahnen hingegen zur Verantwortung.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Der SPD-Nachwuchs im Landkreis stellt sich gegen eine mögliche große Koalition im Bund, in einer Resolution sprechen sich die Jusos gegen eine gemeinsame Regierung mit der Union aus. Andere SPD-Mitglieder und -Mandatsträger im Landkreis plädieren dafür, es mit einer Neuauflage der großen Koalition zu versuchen oder zumindest das Ergebnis der konkreten Verhandlungen abzuwarten.

Für die Jusos kann man sich diese sparen: "Wir sind von den Ergebnissen der Sondierungen, an die wir keine großen Erwartungen hatten, enttäuscht und appellieren an alle Delegierten zum Parteitag am kommenden Sonntag, mit Nein zu stimmen", so Magdalena Wagner, stellvertretende Juso-Kreisvorsitzende. Zwar erkenne man die Erfolge der SPD-Sondierer an, einiges - etwa bei Rente, Bildung, und Wohnen - sei auch im Sinne der Jusos, es reiche aber nicht. In der Resolution ist von "Trippelschritten bei einem Marathonlauf" die Rede: "Die Richtung stimmt, aber ankommen wird man so nicht". Anderes, wie die Asyl-Obergrenze und die Einschränkung des Familiennachzuges für Kriegsflüchtlinge, stünden gar im Gegensatz zu sozialdemokratischen Grundwerten.

Nicht zuletzt zeige auch das Wahlergebnis vom 24. September, dass die große Koalition die Unterstützung der Bürger verloren habe. Außerdem wäre es "verantwortungslos", schreiben die Jusos weiter, der AfD "die Oppositionsführung zu überlassen". Auch "eine ernsthafte inhaltliche, organisatorische und personelle Neuaufstellung" wie sie die SPD nun brauche, sei unmöglich, "wenn wir uns Hals über Kopf in die nächste Regierungsepisode stürzen".

Argumente, die der Ebersberger SPD-Kreisvorsitzende Thomas Vogt grundsätzlich nicht von der Hand weisen will: "Ich teile einige dieser kritischen Einschätzungen." Auch er ist der Meinung, dass die Sozialdemokraten in den Sondierungsvereinbarungen "unsere Handschrift nicht so klar hinterlassen" haben. "Zu wenige von unseren Prioritäten" wie etwa die Bürgerversicherung hätten Eingang in das Ergebnis gefunden. Ob die SPD unter diesen Bedingungen eine Regierungsbeteiligung anstreben soll, ist daher für Vogt fraglich. "Ich halte auch eine Minderheitsregierung für praktikabel", sagt der SPD-Kreischef.

Rauscher: "Am Ende ist Regieren immer besser."

Eine solche kann sich zwar auch die Ebersberger Landtagsabgeordnete Doris Rauscher vorstellen, "am Ende ist Regieren aber immer besser". Zumindest wenn sozialdemokratische Positionen dabei umzusetzen seien - die Rauscher im Sondierungsergebnis durchaus sieht. "Ich hätte die Bürgerversicherung auch wichtig gefunden, aber es ist trotzdem nicht wenig, was erreicht wurde." So habe die SPD etwa die Solidarrente und Verbesserungen bei der Kinderbetreuung durchgebracht, genau wie das Rückkehrrecht in Vollzeit. Und schließlich seien bei einer Koalition immer Kompromisse nötig. Daher sei sie "vorsichtig zuversichtlich", dass sich der Parteitag für weitere Verhandlungen ausspricht.

Eine Einschätzung, der sich Albert Hingerl, Bürgermeister von Poing und SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag nicht unbedingt anschließen will: "Ich glaube, dass es knapp wird", möglicherweise kommt am nächsten Sonntag schon das Aus für die neue große Koalition. Was Hingerl bedauern würde, zumindest Verhandlungen darüber sollten die Sozialdemokraten führen. Wie Rauscher hält auch Hingerl die bisher erzielten Vereinbarungen mit der Union für brauchbar. In der Forderung nach einer Erneuerung der Partei "an Haupt und Gliedern" stimmt er den Jusos allerdings zu - nur müsse man dazu nicht zwingend in der Opposition sitzen. "Ich bin für die Groko, wenn sich die SPD dabei grundsätzlich erneuert."

Sehr deutlich beantwortet Harry Blöchl, SPD-Gemeinderat in Kirchseeon seit 1966, die Frage, ob die SPD noch einmal in die Regierung soll. Das sei nämlich keine Frage, "wir müssen es machen." Dass in den Sondierungen etwa in Steuerfragen die SPD ihre Positionen nicht durchgebracht hat, sei zwar bedauerlich, dafür könne man die dort vereinbarte Europapolitik auf jeden Fall mittragen, genau wie die geplanten Verbesserungen bei der Rente. Wie Hingerl ist auch Blöchl der Meinung, dass Neuwahlen, bei denen Parteien, die "rechts und ganz rechts und nationalistisch" eingestellt sind, gestärkt würden. Für jene, die in einer Regierungsbeteiligung Schaden für die SPD erwarten, findet Blöchl klare Worte: "Die Verantwortung gegenüber der Demokratie ist höher einzuschätzen als gegenüber der Partei."

© SZ vom 16.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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