Steinhöring:Der Kühlschrank ist es auch nicht

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Mehr als 60 Steinhöringer wollen im Tullinger Dorfgemeinschaftshaus erfahren, was es mit dem mysteriösen Brummton in der Gemeinde auf sich hat. (Foto: Christian Endt)

Steinhöring hat noch immer keine Lösung für das Rätsel des geheimnisvollen Brummtons im Ort gefunden. Ein Ingenieur empfiehlt jetzt, einen unabhängigen Bausachverständigen zu beauftragen

Von Konstantin Schätz, Steinhöring

Ihr Kühlschrank sei schuld daran, dass das Haus vibriert. Das musste sich eine Steinhöringerin erklären lassen, die sich seit geraumer Zeit über einen Brummton in ihrem Haus beklagt: "Interessant an der Sache ist, dass die angebliche Quelle des Geräuschs sogar dann brummt, wenn wir sie ausstecken". Ein erheitertes Raunen ging durch den Saal. Die etwa 60 Bürger aus Steinhöring, die sich am Mittwochabend im Dorfgemeinschaftshaus in Tulling einfanden, wussten ja, wovon die Dame sprach; sie alle kennen das mysteriöse Geräusch, das viele von ihnen seit einigen Jahren schon belastet.

Worum es sich dabei handelt, versuchte der Arzt Johannes Mayer auf Einladung des "Vereins zum Schutz der Gesundheit und Umwelt vor Infraschall" erklären. Dieser Infraschall, erklärte der Mediziner, sei ein Ton, der mit einer sehr niedrigen Frequenz von unter 20 Hertz zwar nicht gehört werden kann, jedoch zahlreiche Auswirkungen auf den Körper der Betroffenen hat. Schlafstörungen, Ohrendruck, Depressionen. Die Liste der gesundheitlichen Folgen ist lang. "Infraschall nimmt Einfluss auf die Cortisol-Ausschüttung im Körper", führte Mayer aus. Dies führe zu chronischem Stress und nächtlicher Unruhe. Symptome, unter denen viele seiner Zuhörer im Dorfgemeinschaftshaus leiden.

Was mit einem medizinischen Vortrag begann, entwickelte sich dann allerdings zu einem Referat über Windenergieanlagen (WEA) als häufigem Auslöser von Infraschall. Dieser zentrale Aspekt des Referenten löste dabei immer wieder kurze Diskussionen darüber aus, ob man künftig statt auf Windkraft statt auf Atomkraft setzen solle, führte dann aber auch zu der Frage, ob das Thema für die Steinhöringer relevant sei. Denn Windkraftanlagen sind als Quelle für das Brummen in Steinhöring definitiv auszuschließen, da es keine solchen Anlagen in unmittelbarer Nähe gibt.

Eher schon, so vermutete ein aus Grafing stammender Bauingenieur, der seinen Namen nicht in der Zeitung genannt haben wollte, könne die Ursache für das ungeliebte Geräusch in der Aktivität der Pumpe einer Ölpipeline der OMV GmbH und TAL GmbH liegen. Die Theorie ist nicht ganz neu. Die Schwingungen, die entstehen, wenn die Pumpe arbeitet und Tausende Liter Öl auf eine Abzweigung drücken, würde über den Boden geleitet, erklärte der Ingenieur. Körperschall werde so etwas genannt. "Wie der Schall übertragen wird, ist abhängig von den Bodenschichten", erklärte er, betonte aber, dass er sich mit seinem Statement nicht auf "eine Seite" schlagen wolle. Feste Bodenschichten ohne Zwischenräume würden den Infraschall besser weitergeben als beispielsweise Schotter, in dem sich der Impuls irgendwann verlaufe. Wie sich der Infraschall ausbreitet, sei aufgrund der unterschiedlichen Bodenschichten schwer zu sagen. Kühlschränke können jedenfalls kein Haus zum Schwingen bringen, versicherte der Bauingenieur. "Wenn Sie es nicht schaffen das Haus mit ihrer Stimme zum Schwingen zu bringen, dann schafft es ihr Kühlschrank erst recht nicht." Jedoch können große, hohle Geräte wie Kühlschränke als Resonanzkörper das Brummen verstärken."

Moderiert und organisiert wurde die Veranstaltung von Henning Böhm, der mit seinem "Verein zum Schutz der Gesundheit und Umwelt vor Infraschall" Bürgern eine Stimme geben will, die sich im Stich gelassen fühlen. "Wir wollen niemanden an den Pranger stellen", erklärte er gegen Ende der Veranstaltung: "Wir wollen Lösungen für das Problem."

Der nächste nötige Schritt sei die erstmalige Begutachtung der Ölpipeline durch einen "neutralen Bausachverständigen" und gegebenenfalls die Anbringung zusätzlicher Dämmungen, erklärte der Ingenieur auf Nachfrage der SZ nach der Veranstaltung. "Das Landratsamt könne dies veranlassen." Bürgermeister Alois Hofstetter, der ebenfalls an der Veranstaltung teilnahm, erklärte: "Die Gemeinde und das Landratsamt hätten alles in ihrer Macht Stehende unternommen, um zu helfen." Was von vielen Anwesenden als nicht ausreichend bewertet wurde - solange die Lösung heißt: Der Kühlschrank war's.

© SZ vom 02.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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