Stammzellenspenden:"Man muss von Situation zu Situation entscheiden"

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Wolfgang Hiddemann, 67, ist Hämatologe, Onkologe und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität und erforscht verschiedene Formen der Leukämie. (Foto: Uniklinik München)

Der Hämatologe Professor Wolfgang Hiddemann verwendet im Notfall auch Stammzellen von älteren Spendern

Interview von Sandra Langmann

Professor Wolfgang Hiddemann ist Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III am Klinikum der Universität München. Als Hämatologe behandelt er Leukämiepatienten. Mit der SZ sprach er über die unterschiedlichen Altersgrenzen bei der Registrierung von Stammzellenspendern durch die DKMS und die AKB.

SZ: Warum ist eine Altersgrenze sinnvoll und warum ist diese so unterschiedlich?

Wolfgang Hiddemann: Warum die DKMS und die AKB unterschiedliche Altersgrenzen für die Registrierung in ihren Spenderdateien haben, weiß ich zwar nicht. Eine Altersgrenze ist allerdings durchaus sinnvoll, da das Wachstumspotenzial bei älteren Stammzellen kleiner ist als bei jüngeren.

Wie sieht es an der Uniklinik aus? Können ältere Menschen spenden?

Es gilt zu differenzieren. Bei der DKMS und der AKB handelt es sich um öffentliche Organisationen. Bei der praktischen Durchführung hier im Klinikum sieht es anders aus. Hier geht man auch über die dort übliche Altersgrenze hinaus.

Familienspender können im Gegensatz zu Fremdspendern auch noch im Alter von 70 Jahren spenden. Woran liegt das?

Das Transplantationszentrum sucht zuerst in der Familie nach möglichen Spendern, und die können durchaus älter sein. Kann der Spender in einer akuten Situation helfen, dann nimmt man das Risiko in Kauf und verwendet die Stammzellen eines viel älteren Menschen. Man muss vor Ort und von Situation zu Situation entscheiden.

Welche Risiken gibt es?

Bei älteren Spendern gibt es ein zusätzliches Risiko, da diese im Laufe ihres Lebens Infektionskrankheiten durchgemacht haben. Gefährlich ist dabei der Cytomegalovirus, der die menschlichen Zellen vergrößern kann. Trägt ein potenzieller Spender diesen in sich, kann er bei der Spende übertragen werden. Für einen gesunden Menschen ist das Virus nicht gefährlich, doch bei Leukämiepatienten ist das Immunsystem sehr geschwächt.

Gibt es noch weitere Risiken?

Jeder mögliche Spender wird vor der Spende genau untersucht. Da werden Begleiterkrankungen bereits erkannt. Gibt es beispielsweise ein Narkoserisiko, wenn die Stammzellen aus dem Beckenkammknochen entnommen werden müssen, wird die Spende nicht durchgeführt.

© SZ vom 13.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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