So hat Ebersberg gewählt:Kleine ganz groß

Lesezeit: 3 min

CSU und SPD verlieren bei der Wahl im Landkreis erheblich, die Christsozialen teilweise zweistellig. Gewinner sind dagegen FDP und AfD, letztere blieb aber deutlich unter dem Bundesdurchschnitt

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die Großen verlieren, die Kleinen gewinnen, so lässt sich in einem Satz das Ergebnis der Bundestagswahl für den Landkreis Ebersberg zusammenfassen. Die CSU bleibt stärkste Partei und holt mit Andreas Lenz auch erneut das Direktmandat, hat aber auch die schwersten Verluste zu beklagen. Die SPD ist hinter der FDP gerade noch Dritter geworden. Die AfD kann ihr Ergebnis von 2013 mehr als verdoppeln, die Linke kommt das erste Mal überhaupt im Landkreis auf mehr als fünf Prozent.

Überzeugten die Christsozialen vor vier Jahren noch gut die Hälfte aller Landkreisbürger, erreichten sie diesmal gerade noch 38,4 Prozent der Zweitstimmen. Deutlich, wenn auch nicht ganz so groß, fallen auch die Verluste bei den Erststimmen aus. Konnte Andreas Lenz 2013 als Neuling noch 54,5 Prozent holen, gelang ihm nun zwar, sein Amt zu verteidigen, und das auch mit großem Abstand auf den Zweitplazierten, Ewald Schurer von der SPD. Allerdings büßte Lenz gut sechs Prozent der Stimmen im Vergleich zum Ergebnis von vor vier Jahren ein.

Für den CSU-Kandidaten ist es daher auch die wichtigste Aufgabe der kommenden vier Jahre "verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen", wie Lenz noch am Wahlabend erklärte. Man müsse "eine klare Sprache sprechen und Probleme nicht negieren", dazu zählt Lenz ausdrücklich die Flüchtlingskrise. Dass die CSU mit ihrer Politik der vergangenen Monate zum Erstarken der extremen Rechten beigetragen hat, bestreitet Lenz, die CSU sei eine "konservative, wie christliche Partei". Dies werde man in der neuen Wahlperiode auch klar machen, man müsse sich nun "mit der AfD und ihrem Personal auseinandersetzen."

Vor allem aber muss sich die CSU mit ihren früheren Stammwählern auseinandersetzen und versuchen, sie zurückzugewinnen. Denn auch wenn die AfD mit 10,3 Prozent im Landkreis unter dem Bundes- und Landesdurchschnitt bleibt, konnten die Rechtspopulisten besonders in den Hochburgen der CSU punkten. In einigen ländlichen Gemeinden, wo die Christsozialen bei der vergangenen Wahl noch mit Werten nahe der Zweidrittelmehrheiten triumphierten, wie etwa in Emmering, Frauenneuharting oder Hohenlinden, haben sie in allen diesen Gemeinden jeweils gut 15 Prozent verloren. Und zwar meist an die AfD, diese konnte auf dem Land an SPD, FDP und Grünen vielerorts vorbeiziehen und hinter der CSU den zweiten Platz erringen.

Gemeinsam mit Hausherr Robert Niedergesäß begutachten die Kandidaten der möglichen Koalitionäre, PeterPernsteiner (FDP) und Andreas Lenz (CSU; von links) im Landratsamt die Hochrechnungen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der zweite große Gewinner der Wahl 2017 im Landkreis ist die FDP. Ihr gelang heuer ein echtes Comeback: Nach ihrem Absturz vor vier Jahren auf 5,8 Prozent erzielten die Liberalen diesmal mit 13,1 Prozent ihr zweitbestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl in Ebersberg. Nahezu in allen Kommunen konnten sie ihre Ergebnisse im Vergleich zu 2013 verdoppeln, teilweise sogar verdreifachen. Nur 2009 hatte die FDP mit 16,9 Prozent besser abgeschnitten, aber wie damals reichte das Ergebnis auch diesmal wieder für Platz zwei vor Grünen und SPD.

Genau wie damals reicht es für die Sozialdemokraten nur noch für den dritten Platz, sie kommen auf gerade einmal 12,8 Prozent, es ist ihr bislang schlechtestes Ergebnis im Landkreis bei einer Bundestagswahl. Zwar verlieren die Genossen in allen Kommunen, ähnlich wie bei der CSU sind aber die Verluste dort am höchsten, wo die früher treuesten Stammwähler wohnen. So etwa in Poing, Kirchseeon und Ebersberg, wo die SPD jeweils mehr als fünf Prozent verliert oder in Grafing, wo es sogar mehr als sechs Prozent Verlust sind.

Ewald Schurer (SPD) versucht das Abschneiden seiner Partei zu erklären. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Grünen dagegen können zufrieden sein, ihr Ergebnis liegt nur einen halben Prozentpunk unter dem Rekord von 2009 mit 13,1 Prozent und dafür deutlich über jenem der vergangenen Wahl, als die Ökopartei auf 9,6 Prozent absackte. Ähnlich wie bei der FDP gibt es auch bei den Grünen einen positiven Trend im ganzen Landkreis, allerdings holen sie die größten Gewinne dort, wo die SPD ihre größten Verluste einfährt.

Einen Teil der enttäuschten SPD-Wähler konnte offenbar auch die Linkspartei für sich verbuchen. Sie ist besonders in Poing, Kirchseeon, Grafing und Ebersberg deutlich über der Fünf-Prozent-Hürde, landkreisweit reicht es immerhin für 5,3 Prozent, so viel wie nie zuvor.

Das Wahlergebnis zeigt, dass die Landkreisbürger mit den Parteien der großen Koalition unzufrieden waren. Profitieren konnten davon zum einen die aktuellen Oppositionsparteien, aber auch die FDP und die AfD. Deren Erfolg legt nahe, dass viele konservative Wähler ihrer CSU einen Denkzettel verpassen wollten. Dafür spricht auch der relativ hohe Anteil der Erststimmen für eine nahezu unbekannte Direktkandidatin: Im Landkreis kam Brigitte Fischbacher zwar nur auf den vierten Platz, aber in den ländlichen Kommunen reichte es auch hier für die AfD oftmals für Platz zwei.

Erfreulich bei dieser Wahl ist allerdings die hohe Beteiligung. Zum ersten Mal seit 15 Jahren geht die Kurve nicht weiter nach unten, sondern steigt sogar leicht an. So gingen in einigen Kommunen sogar fast 90 Prozent der Wähler an die Urnen, teilweise nahm die Beteiligung um bis zu zehn Prozentpunkte zu. Insgesamt gingen 84,1 Prozent der Landkreisbürger zur Wahl.

© SZ vom 25.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: