Interview:"In jeder Gemeinde ist etwas zu tun"

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Karl-Heinz Schmeling vom ADFC fordert Verbesserungen am Radwegenetz. Auch soll es eine eigene Mängel-Karte für den Landkreis geben

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Radwege, die plötzlich enden oder auf steile Bordsteine zuführen, enge Straßen, in denen die Radler ständig um ihre Sicherheit fürchten müssen, gefährliche Grundstücksausfahrten: Dinge wie diese machen den Umstieg aufs Zweirad immer noch oft unattraktiv. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) in Bayern hat nun verbindliche Vorgaben für eine konsequente Radverkehrsförderung gefordert. "Ein Rad-Gesetz für Bayern!" heißt die Initiative. Auch im Landkreis könnte noch etliches verbessert werden, wie der stellvertretende ADFC-Vorsitzender Karl-Heinz Schmeling erläutert.

SZ: Wo im Landkreis radeln Sie denn richtig ungern?

Karl-Heinz Schmeling: Da fällt mir beispielsweise gleich die Strecke von Glonn nach Oberpframmern ein oder von Glonn zum Steinsee. Hier gibt es keinen Radweg, man muss die stark befahrene Straße nutzen. Hinter Oberpframmern liegt ja Aying, das ist auch für die Münchner ein beliebtes Ausflugsziel, die fahren da mit ihren schicken Autos viel zu schnell. Zwar ist auf Tempo 70 begrenzt, aber viele haben leicht 100 drauf. Und weil die Straße relativ eng ist, halten auch viele nicht den notwendigen Sicherheitsabstand von 1,50 oder wenigstens einem Meter zu den Radlern ein. Aber es gibt auch noch etliche andere Stellen, die für Fahrradfahrer gefährlich sind: etwa bei der Ampel an der Schwabener Straße beim Klostersee in Ebersberg. Hier muss endlich was passieren, damit die Stelle sicherer wird. Auch der Verband Tourismus Oberbayern, der eine Karte mit Wasserradwegen in Oberbayern plant, hat diese gefährliche Stelle jetzt beanstandet. Kritisch ist in Ebersberg auch die Situation am Ortseingang bei der Straße Zur Gass. Hier müssen Radler die Straße überqueren und ihr Rad durch eine mit Pfosten begrenzte Engstelle schieben, um weiterradeln zu können.

Es gibt also einiges zu tun?

Sicher, doch man muss auch sagen: So schlecht ist die Situation in Ebersberg auch wieder nicht, immerhin haben wir beispielsweise seit dem vergangenen Jahr ein durchweg mit grün-weißen Schildern markiertes Radwegenetz, mit dem 14 Touren durch den Landkreis ausgewiesen sind. Und auch der Landrat hat anerkannt, dass sich was tun muss im Bereich der Radwege. Es gibt im Landratsamt ja auch diesen Runden Tisch Radwege, der sich damit befasst, wie die Situation verbessert werden könnte.

Fehlende Radwege und unübersichtliche Einfahrten, wie hier zwischen Oberpframmern und Aich, sind für Radler gefährlich. Auf einer "lebendigen Karte" will der ADFC solche Gefahrenstellen nun zusammentragen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Eine der Ideen des Landrats ist es, zwischen Grafing, Moosach und Glonn eine gute Radwegeverbindung zu schaffen, teilweise vielleicht auch auf dem ehemaligen Bahndamm. Auch eine Sperrung der Strecke zwischen Glonn und Moosach für den motorisierten Verkehr ist im Gespräch. Was halten Sie davon?

Wir begrüßen sie, auch wenn sich diese Pläne wahrscheinlich erst in ferner Zukunft realisieren lassen. Gerade in diesem Tal zwischen Grafing, Moosach und Glonn ließe sich wunderbar radeln, aber es ist momentan halt auch gefährlich. Denn auch die Motorradfahrer haben erkannt, wie schön diese Strecke ist. Zwar gilt eigentlich Tempo 60, aber manche Motorradfahrer meinen wohl, dieses Limit gilt pro Achse ...

Hat der ADFC noch andere Anregungen für Verbesserungen?

Wir planen jetzt sogar eine Art lebendige Landkarte, in denen die gefährlichen Stellen aufgezeigt werden sollen. Initiator ist Christoph Moder, ein begeisterter Radler, der immer mit seinem voll verkleideten Rad zur Arbeit fährt. Die Idee ist aber, dass jeder kritische Punkte melden kann.

Der ADFC hat nun auch die Initiative "Ein Rad-Gesetz für Bayern" gestartet. Was soll dieses Radgesetz bringen?

Die Regierung soll mehr Manpower und Geld zur Verfügung stellen. Zwar wurde jetzt als Ziel ausgegeben, dass der Anteil des Radverkehrs bis 2025 auf 20 Prozent erhöht werden soll, aber das ist bisher nur eine Absichtserklärung. Das müsste man viel stärker vorantreiben. Und die Kommunen müssten für neue Radwege mehr Geld bekommen. Auch der Bau von Radschnellwegen müsste forciert werden.

Einer dieser Schnellwege ist ja inzwischen in der Region zwischen der Landeshauptstadt und Garching in Planung. Sehen Sie darin tatsächlich eine Möglichkeit, mehr Menschen aufs Rad zu bekommen?

Ich denke, diese Radschnellwege sind die Zukunft. Der Radverkehrsanteil nimmt ja ohnehin schon wegen der Pedelecs stark zu, gerade in München sieht man das ganz deutlich. Aber die Infrastruktur wächst nicht mit. Gerade Schnellwege, bei denen die Radfahrer nicht ständig an Ampeln warten müssen, könnten viele dazu bewegen, doch mehr Fahrten mit dem Rad zu absolvieren.

Gibt es im Landkreis denn auch Gemeinden, in denen die Radler mustergültige Bedingungen vorfinden?

Da muss ich jetzt lang überlegen. (Pause) Nein, ich denke tatsächlich, in jeder Gemeinde ist etwas zu tun. Die Verantwortlichen müssten gemeinsam die Ärmel hochkrempeln und anpacken.

© SZ vom 02.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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