Sexcoach del Rae:"Die Wünsche und Phantasien sind riesengroß"

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Sie beschäftigt sich berufsbedingt mit der schönsten Sache der Welt: Vanessa del Rae über Erotik und Moral, den Kitt einer Beziehung - und Tabus in der Sexualität.

Rita Baedeker

Vanessa del Rae, Sexcoach aus Berlin, beschäftigt sich mit der schönsten Sache der Welt. Bei einer Lesung aus ihrem autobiografischen Buch "Sexibility oder die Metamorphose einer Nonne" am Freitag im Alten Hof Vaterstetten sowie zwei Workshops in München und Unterschleißheim kann man (vor allem aber frau) eventuelle Wissenslücken schließen. Im SZ-Interview mit Rita Baedeker sprach die 47-jährige ehemalige Krankenschwester, die eigentlich Andrea Fritsch heißt, über ihre Arbeit.

Sex-Coach Andrea Fritsch alias Vanessa del Rae liest in Vaterstetten. (Foto: oh)

SZ: Wie lautet Ihre genaue Berufsbezeichnung?

del Rae: Sexual Coach. Ich habe eine fünfjährige Coaching-Ausbildung absolviert und beschäftige mich mit Sexualität im weitesten Sinne.

SZ: Heute scheint es aber doch keinerlei Bedarf für Aufklärung oder Anleitung auf diesem Gebiet zu geben.

del Rae: Das Angebot erscheint in der Tat riesengroß. Es suggeriert, dass alles ausprobiert und gelebt wird. Aber die Menschen sind genau deshalb stark verunsichert. Ihre Wünsche und Phantasien sind riesengroß.

SZ: Und Sie helfen denen auf die Sprünge?

del Rae: Ich versuche, das Bewusstsein dafür zu wecken, dass es auch andere als die gesellschaftsfähigen Formen von Beziehung oder Sexualität gibt.

SZ: Sind Sie der Meinung: anything goes, ohne Rücksicht auf seelische Verletzungen?

del Rae: Wenn es der Wunsch des Einzelnen ist, dann ja! Das ist eine Entscheidung, die jeder für sich treffen muss.

SZ: Klingt egoistisch.

del Rae: Das ist es. Aber wenn ich mit der Art, wie ich lebe, etwa in einer herkömmlichen Paarbeziehung, nicht glücklich bin, kann ich auch keine gute Partnerin, kein guter Partner sein.

SZ: Welche Formen von Beziehung sind es, die Sie den Menschen nahe bringen wollen?

del Rae: Neben der klassischen Ehe gibt es andere Modelle: Fernbeziehungen, mehrere Partner oder Partnerinnen. Ich gebe aber keine Rezepte, sondern versuche, Mut zu machen, sich von der herrschenden Moral frei zu machen und eigene Wege zu gehen.

SZ: Haben Sie etwas gegen Moral?

del Rae: Wenn sie den Menschen einschränkt in seiner Freiheit, dann ja.

SZ: Worum geht es in Ihrem Buch?

del Rae: Es handelt von meinem Leben, von einer tiefen Verletzung, die meine heile Welt in einen Trümmerhaufen verwandelt hat. Auf lange Sicht hat dieses Erlebnis bei mir aber zur sexuellen Befreiung geführt. Der Begriff "Nonne" steht hier für die Moral.

SZ: Woher kommt die starke Fixierung auf das Thema Moral?

del Rae: Ich habe lange als Krankenschwester in kirchlichen Diensten gearbeitet. Da habe ich einiges gehört und gesehen.

SZ: Am Samstag und Sonntag veranstalten Sie Workshops. Der eine heißt: "Wie bekomme ich den Mann meiner Träume in mein Leben?" Der andere klingt so, als sei es ein Seminar für Striptease.

del Rae: Im ersten Kurs geht es um Sehnsüchte, Träume und Tabus. Frauen fragen sich, warum sie den Richtigen nicht finden, wissen aber nicht, welchen Schalter sie umlegen müssen, um das zu ändern. Beim zweiten Kurs geht es darum, dass Frauen ihre erotische Seite entdecken, sich spielerisch präsentieren, aber auch Verbindung aufnehmen zu anderen Frauen, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken.

SZ: Warum nennen Sie sich Vanessa del Rae?

del Rae: Als ich begonnen habe, über Sexualität zu referieren, war ich Leiterin eines Altenheims. Das war nicht kompatibel. Außerdem sollten meine Eltern es nicht erfahren. Jetzt brauche ich diese Maskerade nicht mehr.

Die Lesung am Freitag, 27. August, im Alten Hof Vaterstetten beginnt um 20 Uhr, Eintritt: 12 Euro. Infos zu den Workshops unter 0171/267 27 65, im Internet: www.sensuality-school.com

© SZ vom 26.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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