Serie: A Ruah is!, Folge 3:Die Anmutige

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Wer an der stattlichen Eiche bei Aßlkofen vorbeispaziert, kann sich Gedanken über die Bedeutung des Baums machen - oder die Aussicht genießen (Foto: Christian Endt)

Am Ortsrand von Aßlkofen lädt eine Eiche zum Verweilen ein

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Schon von der Kugler Alm am Ortsrand von Ebersberg aus sieht man die mächtige Krone der Eiche, die nur einige hundert Meter westlich des Ebersberger Ortsteils Aßlkofen in den Himmel ragt. Wenn Schnee fällt, hebt sie sich anmutig ab vom Weiß der Felder. Ein unscheinbarer Feldweg führt zu der alten Eiche. Ungebremst pfeift der Wind über die umgepflügten Felder, man knöpft die Winterjacke bis oben hin zu, unter den Füßen knirscht der frostige Boden, für einen Spaziergang empfehlen sich in dieser Jahreszeit feste Winterschuhe.

Um den rund dreihundert Jahre alten Baum haben Maulwürfe große Hügel aufgeworfen, rund um den beeindruckenden mächtigen Stamm des Baumes ranken sich Brennnessel-Stängel, das Geäst eines Hollerbusches und auch dorniges Rosengestrüpp. Wer ganz nah an den Baum herankommen will, muss aufpassen, dass er nicht in den Dornen hängen bleibt. Während die Hände an der schroffen, fasrigen Rinde entlanggleiten wandert der Blick unweigerlich nach oben. Je länger man in die Krone des Baums blickt, desto detailreicher wird das Geflecht der Äste. Selbst im Dezember lassen sich noch einige braune Blätter an den Zweigen entdecken.

Aus der Zeit der Christianisierung Mitteleuropas ist die Sage von einem jungen Bauern überliefert, der dem Teufel für dessen Dienste versprach, ihm im Herbst, wenn die Bäume ihr Laub abwerfen, seine Seele zu schenken. Als der Winter nahte und der Teufel das Versprechen einlösen wollte, führte der Bauer ihn zu einer alten Eiche. Und als der Teufel sah, dass an der Eiche noch einige Blätter hingen und der Bauer ihn hereingelegt hatte, da kletterte er den Baum hinauf und trieb zornig seine Krallen in das Blattwerk - bis heute weist es die charakteristischen Furchen auf.

Es braucht viele Schritte um den Stamm der Eiche am Ortsrand von Ebersberg zu umkreisen, ihr Umfang umfasst mehrere Meter. Am Umfang lässt sich auch das Alter einer Eiche schätzen, die Anzahl der Zentimeter entspricht der ungefähren Lebensdauer - genaue Ergebnisse aber liefert nur eine Radiocarbondatierung. Eine der ältesten Eichen wurde mit dieser Methode im bulgarischen Ort Granit gefunden, ihr Alter wird auf 1640 Jahre geschätzt. Über das Alter der Eiche bei Aßlkofen lässt sich bislang nur spekulieren. Einige hundert Jahre werden es aber sein.

Die Eiche strahlt Gelassenheit und Ruhe aus, sie hat Revolutionen und Kriege überdauert, was die Menschen um sie herum treiben, scheint ihr egal zu sein. Die Menschen aber haben ihr, der Eiche, immer viel Bedeutung beigemessen, schon im antiken Griechenland zierten die Blätter der Eiche verschiedene Münzen. Und sie war auch ein Symbol, um das immer wieder gerungen wurde: Im hessischen Geismar ließ der christliche Missionar Bonifatius um das Jahr 700 eine dem germanischen Gott Thor geweihte Eiche fällen um den dort ansässigen germanischen Volksstamm zum Christentum zu bekehren.

Die Eiche hat sich über fast alle Kontinente ausgebreitet, die Evolution hat rund 500 verschiedene Variationen der Eiche hervorgebracht. Das alles kann einem durch den Kopf gehen, wenn man an der Eiche in Aßlkofen vorbeispaziert. Man kann sich aber auch einfach an ihren Stamm lehnen, über die Felder blicken und durchatmen.

© SZ vom 08.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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