Schlaue Gemeinde:Gemeinsam mehr lernen

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In Poing tut sich was. Vorigen September konnte Bürgermeister Albert Hingerl die neue Grundschule einweihen. (Foto: Christian Endt)

Poings SPD diskutiert über Möglichkeiten für bessere Bildung

Von Camille Scherer, Poing

In einem Punkt herrscht Einigkeit: Poing war schon immer etwas Besonderes. In punkto Bildungspolitik und sozialer Infrastruktur habe die Gemeinde viel zu bieten. Angefangen bei den Kita-Plätzen, wo der Bedarf zu 100 Prozent abgedeckt sei, über die 217 Hort- und 400 Mittagsbetreuungsplätze, bis zu den Schulen, die in Poing nach und nach gebaut wurden. Insgesamt drei Grundschulen, eine Mittelschule, ein sonderpädagogisches Förderzentrum, eine Realschule und bald das von der SPD bereits 1972 in ihrem Wahlprogramm geforderte Gymnasium. Damit sei Poing Spitzenreiter, so die Teilnehmer des Diskussionsabends der Poinger SPD zum Thema Bildung, denn keine andere Gemeinde biete so viele Schularten.

"In Poing konnte man schon immer gestalten, nicht nur reagieren", erzählt die SPD-Landtagsabgeordnete, Doris Rauscher, die selbst mal in Poing gelebt hat. Aber wie kam es zu dieser Vielfältigkeit, gar Besonderheit? Die Antwort ist für Rauscher klar: Ein gemeindeorientierter Bürgermeister, ein fast immer einstimmig votierender Gemeinderat und last but not least die vielen aktiven Bürger und Bürgerinnen, die für ihre Rechte und Bedürfnisse hartnäckig kämpfen.

Doch für Magdalena Wagner, Bezirksvorsitzende der Jusos Bayern und angehende Gymnasiallehrerin, ist das nur die eine Seite der Medaille. Zwar seien die vielen Schulen sicherlich von Vorteil, andererseits die Kinder "zu früh schon einem viel zu hohen Druck ausgesetzt". Des Weiteren plädiert die Schulpsychologin für längeres gemeinsames Lernen. Es soll nicht mehr die klassische Gliederung in Haupt-und Realschule oder Gymnasium bereits nach der vierten Klasse geben, denn das sei viel zu früh. Außerdem sollen auch Kinder mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung gemeinsam mit den anderen Kindern lernen dürfen, "es geht darum, zu lernen, miteinander zu leben".

Ein anders Problem, seien die Arbeitsbedingungen für Lehrer. Während an den Grundschulen viel eingestellt werde, fänden frisch ausgebildete Gymnasiallehrer keine Arbeitsstellen; ihnen werde gesagt, es bestünde kein Bedarf. Doch dass die Referendare seit dem enormen Lehrermangel 2010 ein Drittel mehr arbeiteten als ursprünglich von den Grundverträgen vorgesehen und zusätzlich nur Jahresverträge bekämen, zeuge vom Gegenteil. Doris Rauscher spricht hier gar von "prekären Arbeitsverhältnissen". Das Resultat sei eine hohe Abwanderung und Teilzeitarbeit, hauptsächlich wegen Erschöpfung der Mitarbeiter, besonders bei Leitungskräften.

Bianka Poschenrieder, Zweite Bürgermeisterin von Zorneding, macht sich Sorgen um die sonderpädagogischen Förderzentren in Poing und Grafing. "Dort fehlt es schlicht an Räumen, damit man auch mal besonders förderungsbedürftige Kinder getrennt unterrichten kann, Klassen teilt oder Ruhephasen in den Tag einbaut." Für Magdalena Wagner ist dieser Punkt ebenfalls wichtig, nicht nur für die Förderzentren. Sie wünscht sich kein Mehr an Unterrichtsstunden, sondern ganztägige Schulen mit einem anderen Rhythmus.

Für Gertrud Eichinger, Dritte Bürgermeisterin von Finsing, gibt es zu wenig Vorbereitungsklassen in den Mittelschulen. Die Finsinger Kinder sollten sich nicht zwischen der Schule im Landkreis Ebersberg, wo es eine Vorbereitungsklasse gibt, und der in Finsing, wo es keine gibt, entscheiden müssen. Dies führe zu einer "Zerpflückung", die dann von den Kommunen gestemmt werden müsse - oder zu einem gänzlichen "Verschwinden der Vorbereitungsklassen". Die Finsingerin sieht die Lösung ebenfalls in Gemeinschaftsschulen, wo die Kinder länger gemeinsam lernen und die Klassen später aufgeteilt werden.

Der Abend hat gezeigt, dass die Teilnehmer der Runde sehr stolz auf den Weg sind, den sie gemeinsam für Poing zurückgelegt haben. Doch sie wollen mehr und haben viele Verbesserungsvorschläge und Ideen. Wie Rauscher gleich am Anfang betonte: "Die Runde ist klein aber fein - gehaltvoll und effektiv".

© SZ vom 04.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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