Prozess vor dem Amtsgericht:Ohne Führerschein mit dem Familienauto unterwegs

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Eine rote Ampel. (Foto: dpa)

Die 55-jährige Mutter muss nun für die Spritztour ihres Sohnes büßen.

Aus dem Gericht von Wieland Bögel, Ebersberg

Das Alibi gilt vor Gericht als Garant für einen Freispruch. Schließlich kann man nicht verurteilt werden, wenn man zur Tatzeit nicht am Tatort war. Manchmal jedoch kann genau dies richtig teuer werden, wie nun eine Altöttingerin am Amtsgericht in Ebersberg erfahren musste. Deren Auto war in eine Radarfalle gerast und obwohl das Gericht keinen Zweifel hatte, dass die 55-Jährige nicht am Steuer, ja nicht einmal im Wagen gesessen hatte, muss sie nun 1000 Euro bezahlen.

Vor gut einem Jahr überprüfte die Polizei bei Pliening wieder einmal, ob sich auf der Staatsstraße auch alle Autofahrer ans Tempolimit halten. Zumindest ein junger Mann tat dies offensichtlich nicht, die Fotofalle hielt das eigentlich kleinere Verkehrsvergehen fest. Das deutlich größere Vergehen des Autofahrers war allerdings, dass er seit mehr als zehn Jahren keinen Führerschein mehr besitzt.

Wodurch die Frage aufkam, wieso er überhaupt hinters Lenkrad eines Autos kommen konnte. Die Antwort darauf glaubte das Gericht in Person der Mutter des Autofahrers gefunden zu haben - schließlich war es ihr Wagen, der damals geblitzt worden war. Da nun aber Autobesitzer verpflichtet sind, ihr Fahrzeug gegen unbefugte Nutzung zu sichern, erhielt die Halterin des Wagens einen Strafbefehl. Wegen "Anordnens oder Zulassens des Führens eines Kfz ohne Fahrerlaubnis", wie das Fahrenlassen von Unbefugten bei Juristen heißt, sollte sie 1000 Euro zahlen.

Dagegen hatte die Frau Einspruch eingelegt, vor Gericht erklärte sie, der im Strafbefehl formulierte Vorwurf sei absolut unzutreffend: "Ich habe nie und in keinster Weise angeordnet, dass mein Sohn mit dem Auto fährt." Auch von Zulassen könne keine Rede sein, niemals hätte sie ihm das Auto überlassen, so die Angeklagte, sie wisse natürlich, dass der Sohn "wegen seiner Drogenprobleme" längst keinen Führerschein mehr hat.

1000 Euro für einen Kinderschutz-Verein

"Ich wusste ja nicht einmal, dass er mit dem Auto unterwegs ist." Die einzige Erklärung dafür, dass der Junior eben doch motorisiert unterwegs war, sei, dass er ihr oder seinem Vater den Schlüssel geklaut habe, so die Angeklagte. Der Sohn habe einen Schlüssel zum Haus und damit Zugang auch zu den beiden dort verwahrten Autoschlüsseln.

Ob er diese vielleicht schon früher mal entwendet habe, wollte Amtsrichterin Vera Hörauf wissen, was die Angeklagte aber nicht beantworten könne. Falls ja, dann zumindest weder mit Wissen oder Einwilligung von ihr oder ihrem Mann, versicherte die Angeklagte. Sie habe schon versucht, herauszufinden, mit wessen Schlüssel ihr Sohn das Auto in Bewegung gesetzt hatte, "aber der sagt dazu nichts". Vielleicht wisse ihr Mann ja mehr, so die Angeklagte, und schlug vor, diesen anzurufen.

Die Richterin machte aber klar, dass, wenn überhaupt, der Ehemann der Angeklagten nur als Zeuge im Gerichtssaal gehört werden könne. Dazu müsse man allerdings einen neuen Termin machen, zu dem das Gericht dann auch den Sohn - der derzeit wegen anderer Delikte in U-Haft sitzt - laden müsse. Mit wenig Aussicht auf Aufklärung, so die Richterin weiter, weil sich die beiden auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen könnten. Ein solches gilt nämlich sowohl für Familienangehörige als auch für den Fall, dass sich ein Zeuge ansonsten selbst belasten müsste.

Man könne das Verfahren aber auch gegen eine Geldauflage einstellen, schlug die Richterin der Angeklagten vor. Die Staatsanwaltschaft schloss sich dem unter der Bedingung an, dass diese Auflage nicht niedriger sein solle als die zuvor verhängte Geldstrafe. Die Angeklagte stimmte letztlich ebenfalls zu, wirkte über das Ende des Prozesses allerdings sichtlich unerfreut. Freuen kann man sich dagegen beim Verein Kinderschutz in München, dort muss die Frau demnächst eine Spende von 1000 Euro einzahlen.

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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