Projekt:Der erste Schritt ist getan

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Der Abgeordnete Uwe Kekeritz (4.v.l.) informierte sich bei den Poinger Grünen und Bürgermeister Albert Hingerl (r.) sowie Vertretern des Weltladens. (Foto: Christian Endt)

Grüne ziehen Zwischenbilanz zum Projekt "Fairtrade Town"

Von Konstantin Schätz, Poing

Eine kleine Holzschildkröte aus dem Eine-Welt-Laden begutachtete Albert Hingerl (SPD), Bürgermeister der Gemeinde Poing, mit besonderem Interesse: "Ich hoffe, dass sich unser Projekt schneller bewegen wird als eine Schildkröte, aber dennoch genauso lang lebt", sagte er lachend. Die Partei Bündnis 90/Die Grünen hatte zu einem Pressegespräch über entwicklungspolitische Themen eingeladen und berichtete von dem Weg hin zu einer sogenannten "Fairtrade Town". Auch der entwicklungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Uwe Kekeritz, war vertreten.

Fairer Handel: Das sei Ziel einer Fairtrade-Stadt und werde durch die Vernetzung zwischen Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft erreicht. "Der faire Umgang muss einfach in der Region anfangen. Ansonsten funktioniert das nirgendwo", erklärte Kekeritz. Dass sich seit der ersten Stadt, die diesen Titel erhalten hat - Saarbrücken im Jahr 2009 -, immer mehr Kommunen darum bemühen, sei seiner Meinung nach längst überfällig: "Es kann einfach nicht sein, dass wir mit Steuergeldern Produkte finanzieren, die unter menschenrechtsunwürdigen Bedingungen hergestellt werden."

Insgesamt fünf Kriterien müsse Poing erfüllen, um als "Fairtrade Town" zu gelten: Der erste Schritt sei dabei, dass in der Kommune beschlossen werde, den fairen Handel zu unterstützen. Ein nach Angaben von Uwe Kekeritz wichtiger Schritt in die richtige Richtung: "Wenn die Stadtverwaltung nicht hinter einem solchen Projekt steht, ist es zum Scheitern verurteilt."

Dies sei aber in Poing nicht der Fall gewesen. Einstimmig habe der Gemeinderat dafür gestimmt. "Wir sind eine offene Gemeinde, und wenn die Kommune nicht den Anfang setzt, wer soll es dann machen?", erklärte sich Hingerl die Geschlossenheit der Politik in dieser Frage. "Solche Prozesse werden außerdem oft komplizierter gemacht, als sie dann tatsächlich sind." Ein Auslöser für die Entscheidung, Poing zu einer "Fairtrade Town" zu machen, sei die Klimaschutzbeauftragte Tamara Moll. Immer wieder bringe sie neue Denkanstöße zu Klimaschutz und fairen Handel in der Gemeinde ein.

Moll werde der Gemeinde auch dabei helfen, die restlichen vier Schritte hin zu einer "Fairtrade Town" zu erfüllen. Diese seien neben der Gründung einer Steuerungsgruppe, die das Projekt koordiniert und sich um die notwendige mediale Präsenz kümmert, auch die Verbreitung von fair hergestellten Produkten in lokalen Geschäften und die Versorgung öffentlicher Einrichtungen, wie beispielsweise Schulen. "Die Gemeinde kauft dann beispielsweise 50 Fußbälle, die fair produziert werden, und verteilt diese dann an den Schulen", erklärte Dominik Fuchs, Gemeinderat der Grünen. Die Bälle seien qualitativ hochwertig und sogar ein Stück günstiger als Markenbälle: "Die Produktionsfirma, die diese Bälle herstellt, hat früher die Bundesligabälle produziert."

Alle zwei Jahre werde die Einhaltung dieser fünf Kriterien geprüft werden. Allein bei dem Ziel, "Fairtrade Town" zu werden, darf es aber laut Bürgermeister Albert Hingerl nicht bleiben: "Das ist erst der Anfang. Wir müssen uns die nächsten Schritte überlegen. Aber wir sind auf einem guten Weg." 492 Kommunen in Deutschland dürfen sich mittlerweile als Fairtrade-Stadt bezeichnen. Ende September sollen laut Fairtrade Deutschland sogar die 500 erreicht werden.

Durch eben genau solche Bewegungen und Projekte werde dazu beigetragen, dass Leuten in Entwicklungsländern geholfen werden könnte: "Zwei Millionen Familien konnten mittlerweile von dieser Bewegung profitieren", betonte Kekeritz. Außerdem müsse man auch beachten, dass das eine effektive Methode sei, um Fluchtursachen zu bekämpfen: "Man muss Menschen in Entwicklungsländern Perspektiven geben."

© SZ vom 02.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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