Poing:Weniger Medizin im Schnitzel

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Seit 2010 gibt es komfortable Trockenställe für kalbende Milchkühe in Grub. Nun probiert man aus, den Tieren weniger Antibiotika zu geben. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein Projekt des Instituts für Landtechnik und Tierhaltung in Grub zielt darauf ab, den Einsatz von Antibiotika bei Kühen vor dem Kalben deutlich zu reduzieren

Von Sara Kreuter, Poing

Als Alexander Fleming 1928 das Penicillin erfand, legte er einen wichtigen Grundstein für die moderne Medizin. Heute sind Antibiotika gemeinhin zugänglich - und verlieren zunehmend ihre Wirkung. Bereits ein knappes Jahrhundert nach der Entdeckung des Medikamentes sind gefährliche Keime zunehmend resistent gegen Antibiotika. Diese werden häufig leichtfertig oder gar unwissentlich eingenommen - beispielsweise durch Nahrungsmittel. Das Projekt "Rast", kurz für "Reduktion des Antibiotikaeinsatzes beim Milchvieh durch Selektives Trockenstellen", des Instituts für Landtechnik und Tierhaltung (ILT) soll nun den Antibiotika-Einsatz bei Milchkühen regulieren und minimieren.

Rast zielt auf einen selektiven und damit reduzierten Einsatz von Antibiotika beim Trockenstellen von Milchkühen ab. Nach der Kick-off-Veranstaltung des Projekts auf dem Gelände des ILT in Grub stellen nun 19 Testbetriebe aus ganz Bayern ihr Trockenstell-Verfahren um. Trockenstellen bezeichnet die Zeit, in der Kühe vor dem Kalben nicht mehr gemolken werden. Das dauert sechs bis acht Wochen, in denen die Tiere besonders anfällig für Infektionen sind. Dem beugen viele Landwirte mit der Gabe von Antibiotika vor. Nun soll der Antibiotikaeinsatz bei Kühen verringert werden, indem zum Zeitpunkt des Trockenstellens für jedes Tier eine individuelle Entscheidung getroffen wird. Nur wenn die Informationen für einzelne Tiere auf eine bestehende Infektion oder ein erhöhtes Infektionsrisiko hindeuten, sollen sie weiterhin medikamentös behandelt werden. "Es geht nicht ganz ohne Antibiotika, aber wir müssen sie gezielter einsetzen", erklärt Hubert Bittlmayer, Amtschef des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

"Rast ist ein Projekt aus der Praxis für die Praxis", betont Martin Kühlberger, der Projektleiter am ILT. Im Zentrum von Rast stünden die Betriebe und die Erfahrungen der Landwirte mit dem Projekt. Dieses ist auf drei Jahre ausgelegt, vor knapp einem Jahr begannen die Vorbereitungen. Neben dem ILT sind der Tiergesundheitsdienst Bayern und die Tiermedizinische Fakultät der LMU München an dem Projekt beteiligt. Andreas Kronester vom Betrieb Kronester in Oberpframmern war von Anfang an dabei. "Das Projekt ist super, die Betreuung ist hervorragend, das ist eine rundum gute Sache", erläutert er. In den nächsten Wochen wird er bei seinen 70 Milchkühen mit dem selektivem Trockenstellen beginnen. Angst vor einem erhöhten Infektionsrisiko hat er nicht. "Es geht um die Gesundheit, das geht vor. Es war Zeit, dass es so ein Projekt gibt."

Von dem Projekt profitieren Tier und Mensch, gemäß dem One-Health-Ansatz, gleichermaßen. Eine selektive Entscheidung soll einerseits den Schutz der Kühe vor Erkrankung garantieren und gleichzeitig einen reduzierten Antibiotikaeinsatz gewährleisten. Ein weiteres Ziel des Projektes ist das Ermitteln verschiedener Kriterien, die eine Entscheidung für oder gegen Antibiotika beim Trockenstellen rechtfertigen. Daher werden während der Laufzeit des Projektes Milchproben der Tiere regelmäßig bakteriologisch untersucht und ausgewertet. Langfristig zielt Rast darauf ab, ein Konzept zum selektiven Trockenstellen zu ermitteln, das anschließend anderen Betreiben bayern- und deutschlandweit vorgestellt werden kann.

© SZ vom 10.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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