Poing:Viel in Bewegung

Lesezeit: 3 min

Bürgermeister Albert Hingerl informiert bei der Poinger Bürgerversammlung über die Großprojekte im Ort. Um diese zu realisieren, muss die Gemeindekasse in den nächsten Jahren gewaltig strapaziert werden

Von Barbara Mooser, Poing

Es regnete zum Beginn, und als drei Stunden später die Besucher der Bürgerversammlung die Schule an der Karl-Sittler-Straße verließen, regnete es immer noch. "Hätten wir einen Antrag auf besseres Wetter stellen sollen?" fragte Ehrenbürger Wolfgang Schubert, als er den Schirm aufspannte und den Heimweg antrat. Tatsächlich gibt es sonst offenbar nicht allzu viel, was die Bürgerinnen und Bürger an ihrer Gemeinde stört oder was sie sich wünschen: Ein Poinger stellte zwar gleich vier Anträge, ansonsten gab es bei der Versammlung vor allem einzelne Anmerkungen zum Verkehr.

Vielleicht waren die knapp 120 Besucherinnen und Besucher aber auch schlichtweg erschlagen, nach so vielen Informationen, die ihnen zunächst präsentiert worden war - von Polizei, Feuerwehr und Asylhelferkreis, aber natürlich auch von Bürgermeister Albert Hingerl (SPD). Der griff nur einige Themen heraus, die in den vergangenen Monaten wichtig waren, den Rest können die Poinger in einer 72-seitigen Broschüre nachlesen. Kurz ging Hingerl auf die immensen Investitionen ein, die die Gemeinde in den nächsten Jahren tätigen muss. Die Rücklagen werden dafür fast völlig aufgebraucht, dafür wächst der Schuldenstand bis 2018 auf 25 Millionen Euro an. Die mit Abstand teuersten Projekte sind die Grundschule am Zauberwinkel, die derzeit gebaut wird, die Grundschule an der Karl-Sittler-Straße, deren Neubau anschließend in Angriff genommen wird, und der Bau dreier Kindertagesstätten.

Nicht nur die Gemeinde baut allerdings, auch diejenigen, die eines der begehrten Grundstücke im Einheimischenmodell ergattern konnten, können jetzt loslegen, alle Parzellen sind inzwischen vergeben. Dass es nicht ganz einfach war, aufgrund neuer rechtlicher Vorgaben, dieses Projekt überhaupt über die Bühne zu bringen, deutete Hingerl nur an: 500 Euro habe der Grund immerhin pro Quadratmeter noch gekostet, das sei der Selbstkostenpreis der Gemeinde. Das bedeute, dass die Bauwerber zwischen 70 000 und knapp 300 000 Euro allein für ihre Grundstücke hinlegen mussten - gleichzeitig aber im Vordergrund stehen sollte, dass Familien mit vielen Kindern, aber geringem Vermögen und Einkommen gefördert werden sollten. Dennoch gab es mehr als genug Bewerbungen; die letzten Kaufverträge wurden im März beurkundet.

Hingerl ging auch auf das Thema Asyl und die anstehende Eröffnung der Traglufthalle in Grub ein. Der Mietvertrag laufe für ein Jahr, so Hingerl: "Wer heute weiß, ob er verlängert wird, ist Hellseher." Er gehe aber davon aus. Der Helferkreis jedenfalls rüstet sich für die Situation, dass in der Gemeinde bald 450 Asylbewerber leben werden, die alle Unterstützung brauchen werden, sich in Poing zurechtzufinden und einzuleben. Götz Kirchhoff vom Helferkreis beeindruckte mit seiner Schilderung, wie professionell die Ehrenamtlichen die Arbeit für die Flüchtlinge bereits organisiert haben und wie viel erreicht wurde - es gibt ein Willkommensteam, viele Paten, ein Nationenkomitee und Erfolge bei den Versuchen, den Flüchtlingen auch Arbeit zu verschaffen. Auch eine ärztliche Sprechstunde in den größeren Unterkünften wurde eingerichtet, gleich beim ersten Termin seien 50 Menschen behandelt worden, sagte Kirchhoff.

Mehrere Vorschläge, was man in der Gemeinde noch verbessern könnte, hatte ein Teilnehmer mit in die Bürgerversammlung gebracht. Er wünschte sich, dass die Poinger Bürger darüber entscheiden sollen, ob ein Gymnasium in der Gemeinde notwendig ist, sowie ein Wirtschaftskonzept, um den Gewerbestandort zu stärken, und nach außen kommunizierte Kriterien, in welchen Fällen ein Gastschulantrag an einer Grundschule aussichtsreich erscheint. Auch eine Verlegung der öffentlichen Gemeinderatssitzungen von 18.30 auf 20 Uhr regte der Bürger an. Letztlich konnte sich freilich kein einziger anderer Teilnehmer der Versammlung für die Vorschläge erwärmen, sie wurden alle abgelehnt. Zuvor hatte Thomas Stark, Geschäftsleiter der Gemeinde, erklärt, dass eine Entscheidung über den Gymnasiumsbau der Kreis treffen müsse, dieser wäre auch für Bau- und Folgekosten zuständig. Einen Vorwurf des Bürgers, die Debatte zum Gymnasium werde nicht transparent geführt, wies der Bürgermeister zurück.

Auch von einem Wirtschaftskonzept versprechen sich die Fachleute in der Gemeindeverwaltung wenig, man sei ohnehin in ständigem Kontakt und führe Hintergrundgespräche. Ansiedlungen kleinerer Unternehmen scheiterten häufig an den Grundstückspreisen, wie Stark erläuterte. Wenig Handlungsspielraum gibt es laut Stark auch, was die Schulsprengel der Gemeinde und mögliche Ausnahmen betreffe: Die Grundschulordnung regle, dass Ausnahmen aus triftigen persönlichen Gründen möglich seien, es finde also immer eine Einzelfallprüfung statt.

© SZ vom 02.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: