Poing:Ein Baum voller Wünsche

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Die neue Außenwohngruppe des Einrichtungsverbunds Steinhöring wird eingeweiht

Von Carolin Schneider, Poing

Mitten im Gemeinschaftsraum der neuen Außenwohngruppe des Einrichtungsverbundes Steinhöring steht ein kleiner Baum. Er ist mit einer Lichterkette geschmückt. Daran hängen ein paar Herzen aus buntem Papier. Die Bewohner haben sich diese Aktion zur Einweihung der Wohngruppe ausgedacht: Jeder, der da ist, darf einen Wunsch für die WG auf ein Herz schreiben und es an den Baum hängen. Sie selbst haben auch schon ihre Wünsche aufgeschrieben. "Internet" sagt ein Herz, auf einem anderen steht: "Ein Auto, damit ich dahin kommen kann, wo ich hin will". Aber auch immaterielle Wünsche hängen an dem Baum: Freude, Glück, Zusammenhalt, Gesundheit und Träume. Im Laufe der Einweihungsfeier werden es immer mehr Wünsche. Manche von ihnen werden still an den Baum gehängt, andere laut ausgesprochen.

Landrat Robert Niedergesäß (CSU) wünscht den Bewohnern ganz besonders, dass sie sich mit den Nachbarn gut verstehen. "Tauscht euch aus, so dass ihr alle gemeinsam ein normales Leben führen könnt", rät er den sechs Bewohnern, die schon seit Anfang August in der Wohngruppe leben. In den nächsten Wochen werden noch zwei dazukommen, denn die WG ist für acht Personen ausgelegt. So wie in 26 anderen Wohngruppen im Einrichtungsverbund Steinhöring auch, ist das gesamte Haus in der Bergfeldstraße in Poing barrierefrei, so dass die Bewohner, die aufgrund ihrer Behinderung oftmals eingeschränkt sind, problemlos dort leben können. Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) heißt die Bewohner in der Gemeinde willkommen. "Poing wächst und es gibt hier immer mehr Menschen", sagt er. "Habt keine Angst vor ihnen, sondern fühlt euch wohl."

Frank Obelz ist stolz auf seine Computerecke, denn er liebt Games. (Foto: Carolin Schneider)

Dass sich die Bewohner jetzt schon wohlfühlen, ist ihnen anzusehen. Sie sitzen um einen Tisch, hören den Reden zu und strahlen. "Als ich hier eingezogen bin, hat es in meinem ganzen Körper gekribbelt", erzählt Frank Obelz. Bereits vor einigen Jahren habe er in einer Außenwohngruppe in Zorneding gewohnt. "Da war ich aber noch nicht bereit", sagt er. Deshalb ging es für den 22-Jährigen in ein Wohnheim in Eglharting. "Jetzt bin ich reif. Meine Betreuer im Wohnheim haben mich so gut begleitet und mich auf eine Wohngruppe vorbereitet. Dafür bin ich sehr dankbar", sagt Obelz und winkt gleich ebenjene Betreuerinnen zu sich, um ihnen seine Dankbarkeit auch direkt zu sagen. Sein Zimmer habe er selbst eingerichtet. "Ganz nach meinem Geschmack", erzählt er. Für die Zukunft seiner neuen Wohngemeinschaft wünscht er sich, dass es weiterhin so friedlich ist.

Friede wünscht auch Pfarrer Christoph Klingan den Bewohnern der neuen Außenwohngruppe. "Ihr gehört jetzt zu uns", sagt er ihnen. Er sowie Mechthild Ferber-Holzbauer, Seelsorgerin des Einrichtungsverbundes, und Waltraud Rebmann, Gruppenleiterin der Wohnbereiche Fendsbach, treten symbolisch durch die Tür, um zu sagen, an was sie beim Betreten der Wohnung denken. Manche Anwesende machen es ihnen nach, auch Frank Obelz tritt durch die Tür. "Wenn ich hier reinkomme, fühle ich mich geborgen", sagt er. "Ich bin Zuhause." Damit Obelz und die anderen Bewohner sich auch weiterhin geborgen fühlen in ihrem neuen Zuhause, wird die Wohnung von Pfarrer Klingan gesegnet. Als Ministrant darf Bewohner Michael Moser das Weihwasser verteilen. Mit sichtlicher Freude schwenkt er den Aspergill - und lässt im Anschluss auch sein Zimmer segnen.

Michael Moser ist Löwen-Fan. Obelz und Moser sind nun in Poing zu Hause. (Foto: Carolin Schneider)

Auf den Regalen und auf seinem Schreibtisch stehen Delfine in allen Farben und Größen. "Ich liebe Delfine", sagt er. Der 23-Jährige hat erst vor kurzem die Ausbildung zum Schreiner abgeschlossen. Er kramt ein Fotoalbum heraus, in dem viele Bilder kleben, die während seiner Ausbildung entstanden sind. "Das ist so eine gute Erinnerung an eine tolle Zeit", sagt er. Sein Blick schweift kurz durch das Zimmer. "Oh, Fußball liebe ich auch!", ruft er dann. Das ist kaum zu übersehen: Überall sind Fanartikel der Münchner Löwen verteilt. Schals liegen ordentlich sortiert in einer Ecke, in einer anderen stehen Gläser mit dem Logo seines Lieblingsvereins, auch das Bett ist mit Sechzger-Wäsche bezogen. Auf dem Schreibtisch liegt der Spielplan, immer bereit für das nächste Spiel. "Ich hoffe, dass sie nächstes Mal gewinnen", sagt Moser. Und wer weiß: Vielleicht schreibt er auch diesen Wunsch im Laufe der Einweihungsfeier noch auf ein kleines, buntes Herz und hängt dieses an den leuchtenden Baum.

© SZ vom 02.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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