Poing:Ehrenamtliche fordern bessere Vernetzung

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In Poing wurde ein Arbeiterwohnheim an der Gruberstraße in eine Unterkunft für Asylbewerber umgewandelt. Hilfe für die Menschen dort ist dennoch schwer. (Foto: Christian Endt)

Die Mühlen der Integration mahlen langsam. Götz Kirchhoff vom Poinger Helferkreis hat Ideen, wie sich das ändern könnte. Er will die Zusammenarbeit von Behörden, Ämtern und Ehrenamtlichen vertiefen - und erhält dafür Zuspruch aus dem Landtag

Von Anselm Schindler, Poing

"Das Durcheinander muss nicht sein." Das sagt Götz Kirchhoff, der im Poinger Helferkreis die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit koordiniert, mit Blick auf die Zusammenarbeit von Behörden, Ämtern und Freiwilligen - oder besser gesagt - die kaum vorhandene Zusammenarbeit. "Jeder erhebt seine eigenen Daten, würden wir das alles mehr vernetzen, dann würde es auch mit der Integration schneller vorangehen", ist Kirchhoff überzeugt.

Ihm schwebt eine neues Konzept vor: "Integration 4.0" nennt er es, in Anlehnung an die Industrie. Der Begriff umfasst eine moderne Vernetzung und Verzahnung der verschiedenen Akteure und genau das sähe Kirchhoff gerne auch in Sachen Integration umgesetzt. Auch zwischen staatlichen Stellen und Helferkreisen müsse ein besserer und schnellerer Informationsaustausch stattfinden.

Es war als Watschn gedacht, für die bayerische Landesregierung: Die Präsidentin des Bayerischen Landtages hatte am vergangenen Samstag die ehrenamtlich aktiven Menschen in das Parlament nach München eingeladen, ausdrücklich auch die vielen, die unentgeltlich Flüchtlinge unterstützen. Doch genau von denen blieben viele aus, auch von den Helferkreisen aus Poing und Pliening verweigerten viele den Empfang - aus Protest gegen die Politik der Landesregierung.

Kirchhoff aus Poing ist trotzdem in den Landtag gegangen, "auch wenn ich den Protest unterstütze und die Unzufriedenheit gut verstehe", wie er sagt. Doch jetzt gelte es, "auch zu sagen, mit was genau wir unzufrieden sind und konkrete Forderungen aufzustellen". Und diese Forderungen hat Kirchhoff am Samstag auch mit der Präsidentin des Bayerischen Landtages, Barbara Stamm (CSU), diskutiert.

Am Ende könnte eine neue Software stehen: Ein IT-System, in dem alle Daten zusammenlaufen und auf das alle, die im Bereich Asyl arbeiten, ob ehren- oder hauptamtlich, zugreifen können. Das würde vor allem die Integration in den Arbeitsmarkt erleichtern, betont Kirchhoff. Denn Teil des Systems ist auch ein Verfahren, das die beruflichen Kompetenzen von Flüchtlingen erfassen soll. Erprobt wird diese Idee bereits von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW). Sie testet derzeit, mit welchen Methoden die gewünschten Informationen am effizientesten abgefragt und zusammengeführt werden können. "Oft wissen wir ja gar nicht, was ein Asylbewerber kann oder weiß. Oder was er in seiner Heimat gemacht hat", so Kirchhoff. Die einheitliche Kompetenzerhebung könnte Abhilfe schaffen, die Daten sollten dann allen an der Integration beteiligten Akteuren zur Verfügung gestellt werden, "das würde den einzelnen Behörden und Organisationen eine Mengen Arbeit ersparen". Zu beachten seien bei all diesen Vorschlägen natürlich Datenschutzrichtlinien, schiebt Kirchhoff hinterher.

Die mangelnde Vernetzung sei nur eines der vielen Probleme, die Vertreter der Helferkreise bei dem Treffen im Landtag mit Stamm diskutiert hätten, erklärt Kirchhoff. Und verbindet damit gleich die nächste Forderung an die Landesregierung: Die zentrale Erfassung und den Abgleich der Wünsche der Helferkreise. "So etwas gibt es ja in jedem Unternehmen", so Kirchhoff. Die Erhebung solle dann die Grundlage für die Integration 4.0 bilden, dafür wollten sich er und sein Helferkreis weiter einsetzen. Die Landtagspräsidentin habe er für das Vorhaben schon gewonnen, sagt Kirchhoff. Sie habe zugesichert, die Umfrage unter den Helferkreisen in den kommenden Monaten durchführen zu wollen. Und auch von der Idee eines zentralen Kompetenzerhebungsverfahrens sei sie angetan gewesen, so der Flüchtlingshelfer. "Wir wollen Frau Stamm da als Schirmherrin gewinnen", sagt er. Und: "Wir nehmen sie beim Wort, geredet wurde genug, jetzt muss gehandelt werden."

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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