Poing:Basti, die Liebe und die anderen

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Giorgio Buraggi und Kathrin Müller gelingt es, die Kinder in ihren Bann zu ziehen. Mühelos schlüpfen sie in verschiedene Rollen. (Foto: Christian Endt)

Das Theater Eukitea thematisiert in der Anni-Pickert-Grundschule in Poing Mobbing und Ausgrenzung

Von Max Nahrhaft, Poing

Es passiert während des Basketballturniers. Basti dribbelt mit dem Ball auf den Korb zu, als Christine herbei stürmt und ihn zu Boden schubst. Sie steht über ihm und brüllt: "Geh doch nach Hause zu deiner Mama!" Da stoppt die Szene. Die Viertklässler sitzen gebannt in der Aula der Anni-Pickert-Grund- und Mittelschule in Poing. Aus dem kleinen Basti wird Giorgio Buraggi, und die böse Klassenkameradin Christine heißt eigentlich Kathrin Müller. Die beiden sind erwachsene Schauspieler des Eukitea-Theaters.

Einen echten Basketball haben sie nicht gebraucht, auch kein aufwendiges Bühnenbild. Musik im Hintergrund und eindrucksvolle Gesten haben gereicht, damit die Kinder in stoischer Haltung dem Theaterstück folgen. Auch die Rektorin der Poinger Grundschule, Luitgard Stephan-Wagenhäuser, ist nach der Aufführung überrascht. Selbst die üblichen auffälligen Schüler blieben ruhig auf ihren Plätzen sitzen, erzählt sie. Der Grund dafür, da sind sich Schauspieler und Rektorin einig, ist das Thema des Schauspiels: Mobbing. Darunter leiden bisweilen auch Grundschüler, und oft haben die gezielten Attacken schwerwiegende Folgen für die jungen Opfer.

Die Aktion auf dem imaginären Basketballplatz hat eine Vorgeschichte. Anhand dieser versuchen die beiden Schauspieler in ihrem Stück "Gut so!!" aufzuzeigen, wie Ausgrenzung und Erniedrigung im schulischen Alltag ablaufen. Dabei nehmen sie im fliegenden Wechsel die Rollen gleich mehrerer Schüler ein und inszenieren eine idealtypische Klassendynamik zwischen Zehnjährigen. Das Mobbing nimmt mit einer harmlosen Begegnung auf dem Pausenhof seinen Lauf: Basti, ein leidenschaftlicher Sportler, fragt seine Mitschülerin Petra, ob sie mit ihm zusammen spielen wolle. Nachdem die beiden gemeinsam die Pause verbringen, spinnen die Mitschüler die ersten Gerüchte über Basti. Er sei verliebt, die beiden hätten sich sogar geküsst, wird getuschelt. Christine treibt das Ganze noch weiter, in großen Lettern schreibt sie an die Tafel: "Basti ist verliebt". Er ist peinlich berührt, als er das Klassenzimmer betritt, rennt zur Tafel und versucht wegzuwischen, was alle schon gesehen haben. Als Basti nach Hause kommt, verkriecht er sich ins seinem Zimmer, essen will er nicht, reden erst recht nicht. "Warum sind nur alle so fies und gemein?", fragt er sich.

Doch auch am nächsten Tag hört die Erniedrigung nicht auf. Diesmal hängt Christine ein Pappschild an die Tafel: "Basti ist so verliebt, dass er nicht einmal mehr Basketball spielen kann, Basti du Schlappi." Der Schüler weiß nicht mehr weiter, ohne Grund wird er in die Ecke getrieben. Dann steht auch noch das Basketballturnier der vierten Klassen an, da will Christine Basti endgültig ausgrenzen. Auf ihre Mitschüler redet sie solange ein, bis keiner mit ihm in der Mannschaft spielen will. Auch Klassenkameraden bezeichnen ihren Mitschüler plötzlich als "doof" und distanzieren sich grundlos von ihm. Als dann Basti doch aufs Spielfeld tritt, wirft Christine ihn zu Boden und beleidigt ihn. Doch zu guter Letzt stürmt Petra auf ihn zu und ruft: "Basti, du bist gut so, wie du bist."

Dies ist auch die Botschaft, die das Theaterstück vermitteln soll. Selbstachtung und Toleranz, schon im Kindesalter. "Wir möchten Impulse setzen und den Kindern bewusst machen, wo Mobbing anfängt", sagt Buraggi. Dass diese Thematik den Kindern nahe geht, das könne er immer wieder beobachten. Jede Woche präsentiert das Duo ähnliche Stücke in ganz Deutschland, und die Reaktion ist immer dieselbe. Auch hier in Poing: kein Gelächter zwischendurch, niemand macht sich über den durchaus ernsten Hintergrund des heiteren Stücks lustig. "Ich bin mir sicher, dass die meisten Schüler schon in irgendeiner Form davon betroffen waren", sagt Stephan-Wagenhäuser. Das beweist auch die Euphorie der Kinder am Ende des Stücks. Gemeinsam mit den beiden Schauspielern stimmen sie ein Lied an, das Mut macht: "Ich bin gut so, wie ich bin. Du bist gut so, wie du bist." Dies seien aber nicht nur leere Zeilen, sagt Kathrin Müller, sie eröffnen einen Herzensraum - für sich selbst und alle anderen.

© SZ vom 21.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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