Eine Hand voll Romane, ein paar Liebesgeschichten und lediglich ein, zwei Kinderbücher liegen einsam auf den Tischen herum. Kurz zuvor war eine Horde Leseratten durch den kleinen Flohmarkt der Poinger Bücherei gezogen und hat alles mitgenommen, was ihre Taschen tragen konnten. Nur noch wenige Besucher sind anzutreffen. Die letzten, die sich aus diesen Räumlichkeiten Bücher, Zeitschriften oder DVDs mit nach Hause nehmen werden. Sie bücken sich über die Kartons, fahren mit den Fingern über die Buchrücken und überprüfen, was zurückgeblieben ist.
"Die ersten beiden Stunden wurden wir quasi überrannt", erzählt die Leiterin der Bücherei, Gertraud Bamberg. Wie viele Besucher es genau waren, konnte sie zwar nicht sagen, zum Mitzählen ist sie nicht gekommen. Ihre Kolleginnen schätzen die Anzahl aber auf 150 Kunden in den ersten Stunden. Dass über den Tag verteilt auch an die 100 Kinder da gewesen sind, kann Gertraud Bamberg aber mit Sicherheit sagen: "Als wir den Flohmarkt eröffnet haben, hatten wir 100 Ballons. Jetzt sind es nur noch fünf."
Es war das letzte Mal für mindestens sechs Monate, dass die Poinger die Gelegenheit hatten, in ihrer Gemeinde Lesestoff auszuleihen. "Ende Februar oder Anfang März wird die neue Bücherei eröffnet", stellt Bamberg in Aussicht. Denn mit dem Abriss der Grundschule an der Karl-Sittler-Straße wird auch die kleine Bibliothek heimatlos. Zwar wird die Schule wieder an derselben Stelle aufgebaut, die Gemeindebücherei wird jedoch zukünftig nicht mehr am gewohnten Standort zu finden sein, sondern in den früheren Räumen der Sparkasse in der Markstraße. In "Poing-Nord".
"Ich finde das schade", kommentiert eine Besucherin den Umzug, die in unmittelbarer Umgebung des alten Standorts wohnt. "Es verlagert sich alles nach Norden. Der Markt, der Bioladen und jetzt die Bücherei." Auch einige Lehrer der benachbarten Schule würden den Umzug bedauern, wie Bamberg erklärt. "Sie sind immer wieder mit ihren Klassen rübergekommen. Das ist zukünftig natürlich nicht mehr so einfach." Die Leiterin betont aber, dass die "Schulklassen auch weiterhin von der Bücherei beliefert" werden. "Es gibt natürlich auch Leute, die sich über den neuen Standort freuen, da sich die Bibliothek zukünftig in ihrer unmittelbaren Nähe befinden wird", räumt Bamberg ein.
Deutlich mehr traf die Poinger hingegen die Nachricht, dass es keine Übergangslösung für die kommenden Monate geben wird. 415 Unterschriften sind für einen Ersatzstandort gesammelt worden. Bedauerlicherweise ließ sich davon aber keiner umsetzen. Eine Idee war gewesen, die Bücherei zwischenzeitlich in den Vereinsräumen an der Markomannenstraße unterzubringen. Dies wurde aber mit der Begründung abgelehnt, dass eine Mehrfachnutzung der Räume nicht möglich sei. Auch der Einsatz eines sogenannten Bücherbusses wurde diskutiert. Die Anschaffung eines solchen wäre allerdings für die Übergangszeit zu teuer.
Die einzige Möglichkeit, die den Poinger Lesebegeisterten übrigblieb, war, sich einen Vorrat zu besorgen, bevor die lange Lektüre-Durststrecke einsetzen würde. Die Gemeindebücherei stellte deshalb die Möglichkeit der "Langzeitausleihe" zur Verfügung. Die Poinger dürfen die ausgeliehenen Bücher bis zur Wiedereröffnung im Frühjahr behalten und können die üblichen Fristen ignorieren. Der Vorteil dabei ist natürlich auch, dass die Bücher aufgeräumt sind und nicht gelagert werden müssen. Dass die "Langzeitausleihe" vielen Lesern allerdings nicht reichte, ließ sich an den leeren Tischen des Flohmarktes erkennen, nachdem sich die Poinger mit einem Vorrat eingedeckt hatten.