Pöringer Containerdorf:Ein offenes (Sprich-)Wort

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Das Treffen von jungen Flüchtlingen und Verantwortlichen ist ein guter Schritt auf dem Weg zum besseren Zusammenleben.

Von Karin Kampwerth

Die meisten der jungen Männer in der Pöringer Flüchtlingsunterkunft sind vielleicht Anfang 20 - und unabhängig von ihrer Herkunft irgendwo in der Zwischenwelt von Heranwachsendem zum Erwachsenen. Wie gut, dass sich die Zornedinger um sie kümmern, und zwar in einer Art und Weise, die den jungen Männern aus ihrer afrikanischen Heimat nicht fremd sein dürfte. Denn das Treffen mit Vertretern der Gemeinde, des Landratsamts, der Feuerwehr und der Polizei, das der Helferkreis in der Unterkunft organisiert hat, erinnert an eine Reihe von afrikanischen Redensarten. Diese zum Beispiel: Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.

Zugegeben, der Spruch ist ein wenig abgenutzt, aber an Wahrheit hat er nichts eingebüßt. Deshalb war es gut, den jungen Bewohnern noch einmal deutlich klar zu machen, was sie in der Unterkunft dürfen und was nicht, was die Nachbarn erwarten und wie sie sich im Dorf zu verhalten haben. Wer nicht offen mit dir spricht, ist nicht dein Freund. (NDonga, Namibia)

Das Treffen kam zur rechten Zeit, denn es gibt einen Brief an den Bürgermeister, den 70 Pöringer unterschrieben haben. Nicht, weil sie gegen die Unterkunft wären. Und schon gar nicht aus rassistischen Motiven. Aber aus Ärger über das schlechte Benehmen der neuen Nachbarn, die bis spät in die Nacht laut telefonieren, Musik hören, feiern und leider auch schon öfter angetrunken durchs Dorf zogen und Passanten angepöbelt haben. Wichtig ist nicht, wo du bist, sondern, was du tust, wo du bist. (Swahili, Ost-Afrika)

Verwunderlich ist das zwar nicht, weil das alles Dinge sind, die junge Männer oft so tun - und in denen sich mancher junge Afrikaner nicht von manchem jungen Zornedinger unterscheidet. Umso wichtiger ist das offene Wort unabhängig vom Verständnis dafür, dass sich die Bewohner nur deshalb auch am späten Abend noch draußen aufhalten oder alle Fenster geöffnet haben, weil die sommerlichen Temperaturen die Blechbehausung saunamäßig aufgeheizt haben. Und weil die Asylbewerber nicht um Punkt 22 Uhr schlafen gehen, wenn sie am nächsten Tag weder in die Schule noch einer Arbeit nachgehen dürfen.

Dennoch dürfte den Geflüchteten nach dem Treffen klar sein, dass sie sich nicht nur an die Regeln zu halten haben, sondern dass die Dorfbewohner noch mehr von ihnen verlangen, wenn sie sich ernsthaft integrieren wollen. Zum Beispiel, sich bei der Freiwilligen Feuerwehr zu engagieren, statt die Ehrenamtlichen nachts immer wieder aus dem Bett zu holen, weil vor lauter Langeweile die Brandmeldeanlage manipuliert wurde. Behandle deinen Gast zwei Tage lang als Gast, aber am dritten Tag gib ihm eine Hacke. (Swahili, Ost-Afrika)

Ein großes Kompliment gilt den Verantwortlichen für das Treffen: Gemeinsam mit den Vertretern der Behörden haben sie in einer bereits angespannten Situation den richtigen Ton getroffen, um freundlich, aber mit Nachdruck doch noch die Kurve zu kriegen. Sollte eigentlich klappen, wenn man diesem nigerianischen Sprichwort vertraut: Die Schildkröte sagt: Arbeit, die schon begonnen wurde, ist schon so gut wie fertig.

© SZ vom 21.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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