Mitten in Zorneding:Willkommen, Wolf

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Wenn ein seltenes Raubtier zu Besuch kommt, ist ein angemessener Empfang gefragt - denn der Wolf wird dringend gebraucht

Von RITA BAEDEKER

Habemus Lupum - wir haben den Wolf. Vielmehr hatten wir ihn. Um genau zu sein: Jemand hat ihn gesehen, als er seinen Hunger an zwei arglosen Schafen eines Zornedinger Landwirts gestillt hat, und dank Genanalyse wissen die Zornedinger nun, dass die Geschichte kein Märchen der Brüder Grimm, sondern die reine Wahrheit ist. Was wir nicht wissen ist, ob er noch da ist oder längst über alle Berge. Wenn er bleibt, dann heißt es handeln. Nein, bitte nicht schießen und auf keinen Fall füttern! "Wenn er sich hier wohlfühlt", sagt Heinz Utschig, Leiter des Forstbetriebs Wasserburg, "muss der Landkreis sich Gedanken machen, wie er ihn willkommen heißt." Genau. Unbestätigten Gerüchten zufolge werden bereits Vorschläge für einen würdigen Empfang gesammelt.

Zunächst ist es, im Falle Zornedings, nicht länger hinnehmbar, dass irgendein an den Federn herbeigezogener Adler im Schild eines vor Ewigkeiten verstorbenen Herzogs das Gemeindewappen schmückt. Wo man doch jetzt einen Star der Heraldik aus Fleisch und Blut vor der Haustür hat - oder hatte. Hilfestellung beim Entwurf eines Wappens leistet die Gregor Louisoder Umweltstiftung. Gleich nachdem, der Wolfsnachweis im Landkreis bekannt wurde, hat diese ein "Infopaket Wolf" geschnürt, darin findet man die Broschüre "Lernen mit dem Wolf zu leben" sowie einen Sticker mit dem Statement: "I steh auf Di - Wölfe in Bayern". Jeder Zornedinger, der künftig in den Wald marschiert, sollte zum Zeichen des Willkommens sich solch einen Aufkleber an die Brust heften. (Sollte mit Teil eins des Spruchs nicht der Wolf, sondern ein zweibeiniges Wesen gemeint sein, kann man Teil zwei überkleben). Der Sticker passt auch gut in ein Panini-Sammelalbum des Titels "Pfote & Co".

Weitere Maßnahmen könnten sein: eine Wolfspatenschaft ins Leben rufen, dem Wolf einen Namen geben (Wolferl, Lupo, Lobo), einen Rotkäppchen-Verein gründen, der unter anderem nach einer Wölfin entweder aus dem Wildpark Poing oder rund um die italienische Partnergemeinde Cappella Maggiore Ausschau hält, falls der Neue ein Rudel gründen will. Aber vermutlich hat er längst genug von dem Trubel der Menschensiedlung und ist wieder auf Wanderschaft. Dabei würde er, außer von Schafzüchtern, noch gebraucht - denn lange ist es nicht mehr hin bis zum Sommerloch.

© SZ vom 15.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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