Mitten in Kirchseeon:Süßes Dankeschön

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Ärgerlich, wenn einem an der Kasse plötzlich ein einzelner Cent fehlt. Umso dankbarer sind manche Menschen, wenn man ihnen dann mit einer kleinen Spende aushilft

Von Karin Kampwerth

Politisch, ökologisch und vor allem aus Sicht der Landwirte ist es nicht korrekt, im Discounter einzukaufen: Vermutlich hat das Hackfleisch, als es noch Teil eines Schweines war, ein nicht so glückliches Leben geführt. Die Milch ist sowieso viel zu billig, Butter und Joghurt auch. Aber das Sahnehäubchen für die Kunden ist nicht etwa der günstige Preis. Nein, es ist die atemberaubende Geschwindigkeit, mit der die Kassiererinnen die Produkte über den Scanner jagen. Selbst die Codes für ausgefallenes Obst und Gemüse haben die Damen im Kopf, sie können eine Galia- von einer Netzmelone unterscheiden und erkennen auch, ob der Kunde eine Pithaya oder eine Kaktusfeige im Korb hat.

In herkömmlichen Supermärkten bilden sich bei solchen oder ähnlichen Fragestellungen schnell Staus an der Kasse. Das kann einem besonders samstags den einen oder anderen Schweißtropfen auf die Stirn treiben. Denn auch wenn bekannt ist, dass der Wochenendeinkauf keine Wellnessveranstaltung ist - man möchte einfach nur schnell wieder raus aus dem Laden.

Den Supergau an der Supermarktkasse liefern dann aber jene Kunden, die passend bar bezahlen wollen und dafür in ihrem Portemonnaie minutenlang in einem Meer voller Mini-Münzen herumkramen - nur, um festzustellen, dass ein Cent fehlt. So geschehen in einem Geschäft in Eglharting:

Kundin an der Kasse (kramt): "Ich hab bestimmt noch einen Cent." Kassiererin (entspannt): "Den werden's schon noch finden." Zweite Kundin (in der Schlange, wird nervös). Kundin an der Kasse (leicht panisch) zur Kassiererin: "Haben Sie nicht vielleicht einen Cent herumliegen?" Kassiererin (entspannt): "Nein, tut mir leid." Kundin in der Schlange (denkt): "Vielleicht sieht sie einfach mal in der Kasse nach." Kundin an der Kasse (verzweifelt): "Tut mir leid". Kundin in der Schlange (denkt): "Man kann auch mit der Karte oder mit Scheinen bezahlen." Dann zieht sie genervt einen Cent aus dem Portemonnaie: "Nehmen Sie den." Die Menschen hinter ihr applaudieren in Gedanken.

Wenig später auf dem Parkplatz: Die Cent-Spenderin hat den Vorfall vermutlich längst vergessen, als sie plötzlich eine Stimme hinter sich hört: "Warten Sie doch bitte einmal." Es ist die Kundin von der Kasse. Sie fächert zehn Tafeln Schokolade vor der verdutzten Cent-Spenderin auf und sagt: "Vielen, vielen Dank für vorhin. Bitte suchen Sie sich eine aus." Ablehnung ist zwecklos, auch nicht mit dem Hinweis darauf, dass die Schokolade ein Vielfaches von dem gespendeten Cent wert ist. "Darum geht es nicht", sagt die Kundin von der Kasse und zieht erst ab, als sich die Spenderin für Marzipancreme entschieden hat. Eine schöne Geschichte in einer schnelllebigen Zeit. Und die Erkenntnis: Das wäre beim Discounter sicher nicht passiert, da wäre man nämlich schon längst zu Hause gewesen.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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