Mitten in Grafing:Klebrige Kundschaft

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Wenn es im Biergarten mal wieder länger dauert, gibt es jetzt eine neue Entschuldigung: Die Bäume sind schuld!

Von Korbinian Eisenberger

Ein echter Biergarten braucht Laubbäume, vor allem in diesen sonnigen Tagen. Vor 200 Jahren ging es den bayerischen Bierbrauern beim Pflanzen der Bäume jedoch weniger um ihre Kundschaft als darum, die Sonne von den Bierkellern und ihrem Gebräu fernzuhalten. Aus diesem Grund wählten sie Kastanienbäume, weil die besonders groß werden. Und weil die Blätter eine breite Fläche haben, die es der Sonne schwer macht, durchzudringen.

Wenn man unter so einem Kastanienbaum sitzt, wie etwa beim Griechen in Baldham, dann birgt das aber auch Gefahren. Eine gesunde Kastanie ist zwar effektiver als ein Sonnenschirm. Sie ist aber aber auch heimtückisch, denn manchmal plumpst eine stachelige Frucht herunter und landet in einem Glas oder auf einem Kopf. Dieses Risiko nehmen viele in Kauf, denn ein Kastanienpiekser ist gesünder als ein Sonnenstich. Und deshalb haben Mitte September noch immer so gut wie alle Biergärten im Landkreis Ebersberg geöffnet.

Einen davon findet man in Grafing-Bahnhof, gleich wenn man aus der S-Bahn aussteigt und über die Straße geht. Die Kellner servieren hier griechisches Gyros mit Fetasalat und kommen am Wochenende manchmal nicht mit den Bestellungen hinterher, weil der Biergarten dann immer sehr voll ist. Für ein Lokal ist das gut, weil das den Umsatz steigert. Für einen Ober ist das dagegen vor allem anstrengend.

Beim Griechen in Grafing-Bahnhof müssen sie sich aber nicht wundern, wenn die Leute im Biergarten verharren. Dort stehen nämlich keine Kastanienbäume, sondern Linden. Die sind zwar fast genauso hoch und dicht bewachsen wie Kastanien - und haben den Vorteil, dass man nicht von Geschossen überrascht wird. Dafür tropft von den Linden jedoch ein pappiges Zeugs herunter, sodass man mit der Hose am Stuhl kleben bleibt. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum hier am vergangenen Wochenende so viele Gäste hängen geblieben sind. Selbst in der Dunkelheit, als die Bäume längst keinen Schatten mehr spenden mussten.

© SZ vom 13.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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